Mal auf die Schnelle etwas für unsere leidgeprüften Werkstätten…
Bei der konkreten Abrechnung nach erfolgter und eben mit Rechnung belegter Reparatur muss der Versicherer die Verbringungskosten so erstatten, wie in der Rechnung auch aufgeführt. Gerade dann, wenn die Verbringungskosten auch im Schadengutachten in dieser Höhe als voraussichtlich erforderlich ausgewiesen sind, ist die Erstattungsfähigkeit in voller Höhe gegeben. Das AG Coburg hat in seinem vorbenannten Urteil darauf – richtigerweise – abgestellt, dass die Sicht des Geschädigten entscheidend ist und eben aus dieser zu regulieren ist. Die Versicherungswirtschaft übersieht dies gern, weil sie die Sphäre verkennt, aus der heraus zu regulieren ist. Dies ist auch deshalb absolut konsequent, da der Geschädigte – und auf dessen Blickwinkel kommt es allein an – die Höhe der Verbringungskosten schichtweg nicht beeinflussen kann.
Aus den Urteilsgründen:
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Zum einen ist das Gericht der Auffassung, dass die abgerechneten Kosten den erforderlichen Herstellungsaufwand darstellen. Zum anderen trägt die Beklagte auch das sogenannte Werkstatt- und Prognoserisiko. … Zu den in den Verantwortungsbereich des Schädigers fallenden Mehrkosten gehören wie auch hier Verbringungskosten. Unstreitig hat die Werkstatt die Arbeiten durchgeführt und die Kosten der Klägerin in Rechnung gestellt. Die Klägerin hat ihr Fahrzeug reparieren lassen. Die durch die Werkstatt in der Reparaturrechnung belegten Aufwendungen sind im allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten.
Quelle: AG Coburg, Urteil vom 07.10.2016, 12 C 1091/16
Aber nicht nur das AG Coburg kann das.
Gleiches ergibt sich im übrigen aus einer Entscheidung des AG Essen-Borbeck vom 28.10.2016, 6 C 97/16. In dem dortigen Verfahren hatte das beklagte Versicherungsunternehmen den Einwand gebracht, dass der Werkstattbetrieb ja schließlich bei der Verbringung in die Lackierwerkstatt auch sozusagen wieder etwas mit zurücknehme und damit quasi die Verbringungskosten doppelt abrechnen würde. Aber das AG Essen-Borbeck hat erfrischenderweise gekontert und im Urteil festgehalten:
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Hier müsste sich die Beklagte als Teil eines Versicherungskonzerns, der nach gern in anderen Rechtsstreiten aufgestellten Behauptungen jährlich 500.000 Schadenfälle bearbeitet, schon die Mühe machen, konkrete Tatsachen für das Stadtgebiet Essen vorzutragen, um überhaupt Anlass zu einer rechtlichen Prüfung im Rahmen des subjektiven Schadenbegriffs zu geben, ob dem tatsächlich so sein kann und der Geschädigte dies überhaupt erkennen kann.
Und weiter dann in den Urteilsgründen…
Dass es üblich sei, dass keine Leerfahrten entstehen, erscheint selbst bei größeren Reparaturbetrieben und Lackierereien ohne tatsächlichen Anhaltspunkt sehr weit hergeholt, weil eine solche Praxis einen nicht unerheblichen Aufwand für die Koordination der Arbeitsabläufe und der Termingestaltung beider Betriebe erfordern würde, der vermeintliche Kostenersparnisse bei der Vermeidung von Leerfahrten eher aufzehrt als erzeugt. Gerade im Unfallreparaturgeschäft ist die Vermeidung von Standzeiten der zu reparierenden Fahrzeuge geboten, weil jede vermeidbare Verlängerung von Reparaturzeiten zu einer Erhöhung anderer Kosten (z.B. Mietwagenkosten) führt. Deshalb ist es eher lebensfremd, dass die beteiligten Betriebe die zur Vermeidung von Leerfahrten mindestens erforderlichen drei Fahrzeuge (Fahrt A: Fahrzeug 1 hin, Fahrzeug 2 zurück; Fahrt B: Fahrzeug 3 hin, Fahrzeug 1 zurück) jeweils bis zur passenden Gelegenheit zwischenlagern. Insoweit erscheint es als eine zu vernachlässigende Ausnahme, wenn zufällig keine Leerfahrt anfällt.
Quelle: AG Essen-Borbeck, Urteil vom 28.10.2016, 6 C 97/16
Wir bleiben hier weiter am Ball und werden die Rechtsprechungsübersicht nach und nach ergänzen.