OLG Rostock, Urteil vom 27.05.2016, 5 U 45/14
Rettungskostenersatz – Wildwechsel – Teilkasko
Bei Klage auf sog. Rettungskostenersatz wegen Wildwechsels gegen die Teilkaskoversicherung bedarf es der vollen richterlichen Überzeugung im Sinne des § 286 BGB, dass der Unfall durch einen Wildwechsel verursacht worden ist. Beweiserleichterungen kommen dem Kläger nicht zugute, die von der Rechtsprechung entwickelten Regeln der Überzeugungsbildung in den Fällen der Behauptung des Versicherungsfalls “Diebstahl” sind auf den Versicherungsfall “vermiedener Tierschaden” nicht übertragbar (Anschluss an OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011 – 5 U 356/10 -, juris).
§ 82 Abs 1 VGG, § 82 Abs 2 VGG, § 83 Abs 1 VVG, § 90 VVG, § 286 BGB
Quelle: http://www.landesrecht-mv.de/
BGH, Urteil vom 07.12.2016, Az: IV ZR 434/15
Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-
Im Nachprüfungsverfahren können bei der Prüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, ein höherer Freizeitanteil und Arbeitserleichterungen nicht berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 – IV ZR 521/14
Unfallversicherung – Vorschäden – Kausalität
In der privaten Unfallversicherung genügt es für einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsbeeinträchtigung, dass das Unfallereignis an der eingetretenen Funktionsbeeinträchtigung mitgewirkt hat, wenn diese Mitwirkung nicht gänzlich außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt. Eine wesentliche oder richtungsgebende Mitwirkung ist anders als im Sozialversicherungsrecht nicht zu verlangen. Daher schließt das Vorhandensein von Vorschäden für sich genommen die Kausalität nicht aus.
OLG Stuttgart, Urteil vom 17.11.2016, 7 U 34/16
Der Versicherungsfall in der Unfallversicherung – Nachweis eines Unfalls
Die Frage, ob der Kläger den Nachweis eines Unfalls im Sinn von A.2.3.2 AKB geführt hat, ist nicht allein danach zu beantworten, ob sich das Geschehen, wie vom Kläger behauptet, ereignet haben kann. Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall im Sinn von A.2.3.2. AKB beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen. Dies gilt letztlich auch dann, wenn sich der Versicherungsfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann.
OLG Hamm, Urteil vom 11.11.2016, 20 U 119/16
Krankenkostenversicherung und künstliche Befruchtung
Ein Anspruch gegen den Krankheitskostenversicherer wegen künstlicher Befruchtung scheitert (nach den üblichen Bedingungen) nicht daran, dass der Versicherte nicht verheiratet ist, sondern eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führt.
Die medizinische Notwendigkeit ist in der Krankheitskostenversicherung objektiv und ex ante zu beurteilen; seinerzeit gegebene Umstände sind zugunsten des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen, auch wenn sie etwa von dem behandelnden Arzt übersehen wurden.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.09.2016, 12 U 79/16
Zur Feststellung einer mit andauernden und heftigen Schmerzen begründeten Berufsunfähigkeit.
Den Nachweis, dass subjektiv empfundene Schmerzen objektiv die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen, kann der Versicherungsnehmer im Wesentlichen auf zwei Wegen führen, nämlich entweder durch den Nachweis körperlicher (vorliegend insbesondere orthopädischer oder neurologischer) Ursachen oder durch den Nachweis psychischer bzw. psychosomatischer Bedingtheit, die ihrerseits Krankheitswert aufweisen kann, wie insbesondere eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (vgl. dazu OLG Hamm VersR 1997, 817).
BGH, Urteil vom 03.02.2011, IV ZR 171/09
Gebäudeversicherung – Beratungspflichten – Versicherungswert
Den Gebäudeversicherer treffen gesteigerte Hinweis- und Beratungspflichten bei Abschluss des Vertrages, wenn er die Bestimmung des Versicherungswertes dem Versicherungsnehmer überlässt und Versicherungsbedingungen verwendet, nach denen die Feststellung des richtigen Versicherungswertes, ohne dass dies offen zutage läge, so schwierig ist, dass sie selbst ein Fachmann nur mit Mühe treffen kann.
So liegt es bei der richtigen Ermittlung des Versicherungswertes 1914, die ungewöhnlich schwierige Bewertungsfragen aufwirft.
Mit den Geboten von Treu und Glauben ist es nicht zu vereinbaren, dass ein Versicherer eine derart problematische Bestimmung des Versicherungswertes dem Versicherungsnehmer überlässt, ohne ihn deutlich darauf hinzuweisen, welche Gefahr er mit einer vorschnellen Bezeichnung des Versicherungswertes läuft und wie er dem begegnen kann. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer in geeigneter Form sowohl auf die Schwierigkeiten der richtigen Festsetzung des Versicherungswertes wie auf die Gefahren einer falschen Festsetzung aufmerksam machen. Zu einer ordnungsgemäßen Belehrung gehört auch der Hinweis, dass ein im Bauwesen nicht sachverständiger Versicherungsnehmer mit der Bestimmung des richtigen Versicherungswertes 1914 in aller Regel überfordert sein wird, und dass es sich deshalb empfehlen kann, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Seiner Hinweispflicht kann der Versicherer auch dadurch genügen, dass er selbst dem Versicherungsnehmer eine fachkundige Beratung anbietet.
Das kann im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass der Versicherer gehindert ist, sich auf die Unterversicherung zu berufen. Allerdings muss sich der Versicherungsnehmer infolge der unterlassenen Belehrung etwa erzielte Vorteile (z.B. ersparte höhere Prämien) anrechnen lassen.
Hinweis: Sollte der Vertrag nicht über den Versicherer direkt oder über einen Vertreter der Versicherungsgesellschaft (Versicherungsvertreter) abgeschlossen worden sein, sondern über einen Makler, trifft den Makler diese Verpflichtung. In diesem Fall ginge es dann um einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Makler, da dieser nicht im Lager des Versicherers steht. Dessen Tätigwerden sowie seine Erklärungen werden dem Versicherungsnehmer zugerechnet.
OLG Celle, Urteil vom 06.10.2016, 8 U 111/16
Umsatzsteuerklausel in den AKB, hier: A.2.6.5 AKB 2013
Hat der Versicherungsnehmer in der Kaskoversicherung bei einem Totalschaden für die Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs tatsächlich mindestens Kosten in Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswerts aufgewendet, kann er gemäß A.2.6.1 AKB 2013 deren Erstattung bis zur Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswerts verlangen, ohne dass es darauf ankommt, ob und ggf. in welcher Höhe der aufgewendete Betrag Umsatzsteuern enthält. Die Klausel A.2.6.5 AKB 2013 steht dem nicht entgegen. Diese Regelung betrifft aus der Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers lediglich die fiktive Abrechnung (Anschluss an OLG Saarbrücken, Urteil vom 28. Januar 2009 – 5 U 278/08).
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.1.2016, 9 U 98/14
Leistungsausschlüsse in der Unfallversicherung: Vorsätzliche Straftat; alkoholbedingte Bewusstseinsstörung
Leitsätze:
1. Ein Leistungsausschluss in der Unfallversicherung wegen einer vorsätzlichen Straftat setzt voraus, dass nicht nur das äußere Geschehen der Straftat, sondern auch der strafrechtliche Vorsatz des Versicherungsnehmers nachgewiesen ist. Bleibt unklar, warum der Versicherungsnehmer nachts in ein fremdes Gebäude eingedrungen ist, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein Vorsatz hinsichtlich eines versuchten Einbruchsdiebstahls oder hinsichtlich eines Hausfriedensbruchs festgestellt werden kann.
2. Bei einem nächtlichen Treppensturz in alkoholisiertem Zustand kommt ein Leistungsausschluss gemäß Ziff. 5.1.1 AUB 2010 (Unfall durch alkoholbedingte Bewusstseinsstörung) in Betracht. Eine Blutalkoholkonzentration von 1,0 Promille reicht nicht ohne weiteres für eine Schlussfolgerung aus, dass die Alkoholisierung für den Unfall ursächlich war. (Hier: Sturz auf einer dem Versicherungsnehmer unbekannten Kellertreppe bei völliger Dunkelheit.)
BGH, Urteil vom 29. März 2017 – IV ZR 533/15
MB/KK und Lasik-OP
Eine Krankheit im Sinne der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung kann auch vorliegen, wenn der fragliche Gesundheitszustand des Versicherten in gleicher Weise bei 30-40 % der Menschen entsprechenden Alters auftritt (hier bejaht für Fehlsichtigkeit von -3 und -2,75 Dioptrien).
Erfüllt die Fehlsichtigkeit eines Versicherten die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Krankheit, so kann die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Operation an den Augen nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden.
LG Essen, Urteil vom 8.7.2016 – 19 O 303/15
Versicherungsvermittler – Hinweispflichten im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Kündigung oder einem Abschluss (eines LV-Vertrages)
Aus den Gründen:
Der Versicherungsvermittler muss seinen Kunden insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen (vgl. OLG Stuttgart, BeckRS 2011, 02562; OLG Karlsruhe VersR 2012, 858; OLG Saarbrücken, VersR 2011, 1441; OLG München, VersR 2012, 1293; Dörner in Prölss/Martin, § 61 Rn. 27 m.w.Nw.). Entsprechendes muss bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung gelten, die zum Zwecke der Kapitalanlage mit einer Laufzeit von 24 Jahren geschlossen wird, wenn dabei eine bestehende Kapitallebensversicherung gekündigt wird.
Wenn ein Versicherungsvermittler über die Auswahl zwischen zwei Versicherern berät, hat er über sämtliche Folgen des Wechsels und insbesondere über konkret zu befürchtende Nachteile aufzuklären (OLG Köln, Urt. v. 10.05.2005, 9 U 123/04, r + s 2006, 483).
Im Falle einer Umdeckung muss der Makler den Versicherungsnehmer über sämtliche Folgen des Wechsels aufklären, einschließlich der Abwicklung eines alten Vertrages und von etwaigen Nachteilen einer vorzeitigen Kündigung. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die seinerzeit noch steuerbegünstigt abgeschlossenen Lebensversicherungen (Prölss/Martin, § 61 VVG Rz. 8 m.w.Nw.).
Dabei hat grundsätzlich der Versicherungsnehmer die Verletzung einer Beratungspflicht zu beweisen. Wenn sich indes eine Beratungsdokumentation in einem schematischen Ankreuzen bestimmter Themenbereiche ohne nähere Erläuterung erschöpft, weder Angaben zur konkreten Motivation für den Versichererwechsel noch zu den Vorstellungen des Versicherungsnehmers vom gewollten Umfang des Versicherungsschutzes im Vergleich zum bisherigen enthält, noch zu einer Aufklärung über etwaige erhebliche Risiken, die mit dem Wechsel verbunden sind, genügt diese nicht den Anforderungen des § 61 Abs. 1 VVG (vrl. OLG München, Urt. v. 22.06.2012 – 25 U 3343/11, BeckRS 2012, 15241).
OLG Dresden, Urteil vom 21.02.2017 – 4 U 1512/16
1. Die Verletzung der Pflicht zur Beratungsdokumentation führt nicht zu einem eigenständigen Schadensersatzanspruch, sondern lediglich zu einer Umkehr der Beweislast.
2. Beim Wechsel eines Krankenversicherers schuldert der zugezogene Makler von sich aus weder eine Beratung über die Risikobewertungspraxis des Zielversicherers noch über dessen vermeintlich besonders strenge Anfechtungspraxis bei Falschangaben zu den Gesundheitsfragen.
OLG Naumburg, Urteil vom 27.10.2016 – 41 U 17/16
In der Unfallversicherung ist bei einer distalen Radiusfraktur, die zu einer Funktionsbeeinträchtigung des Handgelenkes führt, für eine Invaliditätsbemessung nach der Gliedertaxe nicht auf den Wert der Hand, sondern den Wert für den Unterarm abzustellen.
(Quelle: OLG Naumburg Urt. v. 27.10.2016 – 41 U 17/16, BeckRS 2016, 120859, beck-online)
OLG Stuttgart, Urteil vom 17.11.2016, 7 U 34/16
Die Frage, ob der Kläger den Nachweis eines Unfalls i.S.v. A.2.3.2 AKB geführt hat, ist nicht allein danach zu beantworten, ob sich das Geschehen, wie vom Kläger behauptet, ereignet haben kann. Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall i.S.v. A.2.3.2. AKB beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen. Dies gilt letztlich auch dann, wenn sich der Versicherungsfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.11.2017, X R 3/16
Selbst getragene Krankheitskosten können nicht im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt werden – Ermittlung der zumutbaren Belastung
BGH, Urteil vom 27. April 2016, IV ZR 372/15
zu VVG § 19 Abs. 4 und 5
1. Das Rücktrittsrecht des Krankenversicherers bei grob fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten ist nicht deshalb gemäß § 19 Abs. 4 VVG ausgeschlossen, weil der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Versicherungsschutz im Basistarif hat.
2. Zu den formalen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 VVG.
3. Der Wirksamkeit der Belehrung steht es nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen der Vertragsanpassung nicht ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird.
AG München, Urteil vom 20.12.2016, Az.: 275 C 17874/16
Ausschluss von Versicherungsschutz für Hausrat in Sammelgaragen wirksam
Eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Hausratversicherung, wonach Hausrat in Sammelgaragen nicht versichert ist, ist nicht überraschend und damit zulässig.
Hintergrund:
Der Kläger war Mieter eines Tiefgaragenstellplatzes. Die Tiefgarage ist eine Sammeltiefgarage mit circa 100 Plätzen, wobei der Stellplatz des Klägers zusammen mit dem Nachbar-Stellplatz als Doppel-Stellplatz mit Gitterstäben umzäunt und mit einem Doppeltor versehen ist.
In § 10 der Versicherungsbedingungen heißt es in Nummer 2:
“Versicherungsort ist die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Zur Wohnung gehören auch die Räume in Nebengebäuden auf demselben Grundstück.
Versicherungsschutz besteht auch in Garagen in der Nähe des Versicherungsortes, soweit sie ausschließlich vom Versicherungsnehmer oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person zu privaten Zwecken genutzt werden …”
Der Doppel-Stellplatz sei vom Versicherungsschutz nicht umfasst. Es bestehe kein Versicherungsschutz für Garagenstellplätze, die nicht durch entsprechende Vorrichtungen, sondern nur durch eine Markierung abgetrennt sind. Da der zweite Stellplatz, der neben dem Stellplatz des Klägers liege, nicht von diesem allein oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person zu privaten Zwecken genutzt werde, würde durch die Versicherung kein Schutz gewährt. Vielmehr hätten durch den zweiten Mieter weitere, dem Kläger nicht bekannte Personen Zugang zu seinem Garagenplatz. Dieser verliere damit die auf den Kläger zugeschnittene Privatatmosphäre. Die in die Garage des Klägers eingebrachten Dinge unterlägen durch die Doppelgarage nicht mehr allein dem Zugriff und Verantwortungsbereich des Klägers. Die entsprechende Versicherungsklausel sei wirksam und nicht überraschend. “Bei Gegenständen, die in einer Sammelgarage wie bei Mehrfamilienhäusern üblich liegen, hat eine nicht überschaubare Anzahl an Personen Zugang zu den Gegenständen; ein Schutz durch den Eigentümer ist nicht mehr gegeben; im Übrigen ist es nicht vorrangige Aufgabe der Sammelgaragen, Autos gegen Diebstahl zu schützen, sondern vor den Witterungseinflüssen und ein geordnetes, platzsparendes Verwahren der Fahrzeuge zu bieten. Insofern ist die entsprechende Versicherungsklausel der Beklagten nicht überraschend”, so das Urteil.
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 08.05.2017 – 6 U 62/16
Lässt ein Versicherungsnehmer durch einen Versicherungsberater eine aktuelle Vertragsübersicht bei seinem privaten Krankenversicherer einholen, so gibt dies allein dem Versicherer keinen Anlass zur Nachfrage und Beratung. Eine Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer vor einem von diesem gewählten Versicherungsberater zu warnen, besteht grundsätzlich nicht.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.06.2017, 12 U 71/17
Die Widerrufsbelehrung muss den Adressaten des Widerrufs nicht benennen. Es genügt, wenn sich aus dem Versicherungsschein eindeutig erkennbar ergibt, wer Vertragspartner und somit Adressat eines Widerrufs ist. Die Angabe weiterer Versicherungsunternehmen, deren Rolle als “Garanten” und nicht Vertragspartner unmissverständlich dargestellt ist, vermag keine Verwirrung über den Widerspruchsadressaten auszulösen.
OLG Dresden, Urteil vom 27.06.2017 – 4 U 1772/16
Ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Tätigkeit als Hausfrau versichert, genügt als Sachvortrag eines Versicherungsnehmers zur Darstellung seines Arbeitsfeldes in gesunden Tagen eine schlagwortartige Beschreibung der einzelnen Tätigkeiten. Gängige Haushaltstätigkeiten müssen hingegen nicht im Einzelnen erläutert und nach Art eines Stundenplanes zusammengestellt werden.
OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2017 – I-6 U 145/16
1. In der privaten Unfallversicherung ist nach unfallbedingtem Verlust eines Auges eine Vorinvalidität zu berücksichtigen (sog. Brillenabschlag), wenn dem Versicherungsnehmer augenärztlich eine Brille verordnet worden war, der Führerschein mit einem Brillenvermerk versehen ist und der Versicherungsnehmer die Brille zumindest zeitweilig getragen hat.
2. Der teilweise Verlust des Farbsehens aufgrund einer betonten Grünblindheit stellt eine Funktionsbeeinträchtigung des Auges dar.
3. Die Berücksichtigung einer Vorinvalidität erfolgt nur, wenn das alterstypische Maß überschritten ist.
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 19.05.2017, 20 U 53/17
Leitsatz:
Zur Haftung eines Versicherungsmaklers, der nicht hinreichend geprüft hat, ob der von ihm vermittelte Versicherungsvertrag tatsächlich zustande gekommen ist.
Aus den Gründen:
Es liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung vor.
Die Pflichten des Versicherungsmaklers gehen weit. Er wird regelmäßig vom Versicherungsnehmer beauftragt und als sein Interessen- oder sogar Abschlussvertreter angesehen. Er hat als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz oft kurzfristig zu besorgen. Deshalb ist er anders als sonst der Handels- oder Zivilmakler dem ihm durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag verbundenen Versicherungsnehmer gegenüber üblicherweise sogar zur Tätigkeit, meist zum Abschluss des gewünschten Versicherungsvertrages verpflichtet. Dem entspricht, dass der Versicherungsmakler von sich aus das Risiko untersucht, das Objekt prüft und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das aufgegebene Risiko zu platzieren, unterrichten muss. Wegen dieser umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich der Versicherungsverhältnisse des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderähnlicher Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden. Das gilt trotz der in vielen Ländern gleichförmig bestehenden Übung des Versicherungsvertragsrechts, wonach die Provision der Versicherungsmakler vom Versicherer getragen wird (BGH, Urt. v. 10.03.2016, I ZR 147/14, juris, Rn. 18 m. w. N., WM 2016, 1632; BGH, Urt. v. 22.05.1985, IVa ZR 190/83, juris, Rn. 11, BGHZ 94, 356 = VersR 1985, 930; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 30.04.2012, 18 U 141/06, juris, Rn. 81, RuS 2015, 475; Matusche-Beckmann, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Aufl. 2015, § 5 Rn. 274 ff.).
Mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages ist der Auftrag des Versicherungsmaklers aber noch nicht beendet, da es auch die versicherungstechnische Betreuung der Verträge umfasst und daher als Dauerschuldverhältnis fortbesteht. So ist der Makler zur Erteilung von Hinweisen für die risikogerechte Anpassung des vermittelten Versicherungsvertrags verpflichtet. Im Rahmen der laufenden Betreuung des Versicherungsverhältnisses hat der Versicherungsmakler daher das versicherte Risiko zu überwachen, bei Risikoveränderungen den Versicherungsnehmer hierauf ungefragt hinzuweisen und auf eine Anpassung hinzuwirken. Insgesamt ist der Versicherungsmakler zur fortlaufenden und ständigen Betreuung des Versicherungsnehmers verpflichtet. Er muss umgehend und unaufgefordert prüfen, ob der bestehende Vertrag den Bedürfnissen des Kunden noch entspricht. Etwaigen Veränderungen des versicherten Risikos muss er durch entsprechende Beratung Rechnung tragen (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2016, I ZR 147/14, juris, Rn. 39, WM 2016, 1632; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2011, 3 U 192/10, juris, Rn. 47, 61, RuS 2016, 107; vgl. Matusche-Beckmann, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Aufl. 2015, § 5 Rn. 308 ff., insbesondere Rn. 12).
Gemessen daran musste die Beklagte prüfen, ob der Versicherungsvertrag tatsächlich zustande gekommen war.
So war die Beklagte ausweislich des Maklervertrages auch gerade zum Abschluss und nicht nur zur Beantragung von Versicherungsverträgen sowie zur Verwaltung dieser Verträge verpflichtet (Anl. K2, GA 20).
Entsprechend hat die Beklagte auch vor dem Landgericht ausgeführt (Protokoll vom 03.05.2016 Seite 2 f., GA 103 f.), dass sie damit gerechnet habe, dass – wie bei der Betriebshaftpflichtversicherung – die Police an sie gesendet und von ihr an den Kläger weiter gereicht würde. Da dies nicht erfolgte, hätte sie beim Kläger oder bei der X nachhaken müssen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger und die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führten. Denn sie haben ausdrücklich einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit entsprechenden vertraglichen und gesetzlichen Rechten und Pflichten geschlossen (Anl. K2, GA 20 f.).
Auch die Tatsache der fehlenden Vergütung seitens des Klägers ist unerheblich. Abgesehen davon, dass dies bei Maklerverträgen allgemein üblich ist, weil der Versicherer eine Courtage an den Makler zahlt, ist auch dies im Maklervertrag ausdrücklich geregelt (Anl. K2, GA 21).
Unerheblich ist es vor diesem Hintergrund auch, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten im vorliegenden Fall nicht eintreten mag.
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 15.05.2017, 6 U 30/17
Der Versicherungsnehmer kann den ihm obliegenden Beweis für das Vorliegen eines Einbruchsdiebstahls auch dadurch führen, dass er Indizien darlegt und beweist, die alle nicht versicherten Entwendungsmöglichkeiten als so unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass sich nach dem Gesamtbild auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine versicherte Begehensweise folgern lässt.
BGH, Beschluss vom 05.07.2017, IV ZR 508/14
1. Der Versicherer kann allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht hat, sofern dieser substantiiert behauptet, den Agenten zutreffend unterrichtet zu haben. In diesem Fall muss der Versicherer darlegen und – im Regelfall durch Aussage seines Agenten – beweisen, dass der Agent dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen zu eigenverantwortlicher (mündlicher) Beantwortung vorgelesen hat.
2. Der Agent hat vom Versicherungsnehmer genannte Arztbesuche, nach denen in den Antragsformularen gesondert gefragt wird, unabhängig von der Schwere einer Erkrankung anzugeben, um dem Versicherer die allein diesem zustehende Prüfung zu eröffnen, was den Arztbesuchen zugrunde lag und ob insoweit risikorelevante Erkrankungen in Rede stehen.
3. Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen.
(Quelle: LSK 2017, 117400, beck-online)
OLG Hamburg, Urteil vom 23.12.2016 – 14 U 143/16
1. Der Begriff Umfriedung in H.1.5 AKB bedeutet eine gewisse Umhegung des betreffenden Bereichs, die sich als einheitliche Sperrvorrichtung gegen das Betreten durch Unbefugte darstellt, wobei allerdings eine lückenlose Umgrenzung nicht verlangt wird.
2. Wird ein stillgelegtes Motorrad in einem Carport abgestellt, ist eine Begrenzung des Abstellplatzes durch einen parallel aufgestellten Pflanztisch von 80 cm bis 100 cm Breite nebst darauf befindlichen Töpfen und Pflanzen keine typische Einhegung in diesem Sinne, die für jedermann als Barriere erkannt wird, um Unbefugte von dem Zutritt zu dem dahinterliegenden Grundstücksbereich fernzuhalten.
3. In dieser Abstellart liegt eine vorsätzliche Verletzung der aus H.1.5 AKB resultierenden Obliegenheit mit der Folge, dass der Versicherungsschutz gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG i.V.m. D.2.1 AKB entfällt.
BGH, Urteil vom 13.09.2017 – IV ZR 445/14
Ein ausdrücklicher Wunsch des Versicherungsnehmers nach vollständiger Vertragserfüllung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG setzt ebenso wie dessen Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG voraus, dass der Versicherungsnehmer entweder über sein Widerrufsrecht belehrt wurde oder der Versicherer aufgrund anderer Umstände davon ausgehen konnte, dem Versicherungsnehmer sei sein Widerrufsrecht bekannt gewesen.
OLG Köln, Urteil vom 15.08.2017 – 9 U 12/17
Die Klausel in § 8 der „Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen:
„§ 8 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers (…). Obliegenheiten bei und nach Eintritt des Versicherungsfalls. Der Versicherungsnehmer hat bei und nach Eintritt des Versicherungsfalles (..…) dem Versicherer und der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis aller abhanden gekommenen Sachen (Stehlgutliste) einzureichen“
ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam und benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 I, II BGB.
(Leitsatz nach LSK 2017, 122386, beck-online)
Aus den Gründen:
Ausgehend vom Wortlaut „Verzeichnis“ bzw. „Stehlgutliste“ der streitgegenständlichen Klausel erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer bereits, dass die Klausel zumindest eine listenmäßige geordnete Zusammenstellung der abhanden gekommenen Gegenstände fordert. Der durchschnittliche und verständige Versicherungsnehmer erfasst zudem, dass mit dem zu erstellenden Verzeichnis mehr gemeint ist, als eine rein schlagwortartige Umschreibung des Diebesgutes. Dies drängt sich bereits nach dem Zweck und Sinnzusammenhang auf. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß ausgehend vom Vertragszweck hinsichtlich der Einreichung bei der Versicherung, dass er mit dem Verzeichnis seinen eigenen Schaden gegenüber dem Versicherer konkretisieren und damit letztlich die Regulierung ermöglichen soll. Auf der Hand liegend ist für ihn dabei, dass dem Versicherer als außenstehenden Dritten ohne (vorherigen) Einblick eine sachgerechte Regulierung nur dann ermöglich wird, wenn dieser ausreichend in die Lage versetzt wird, die Höhe der Entschädigung zu ermitteln. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist dabei bereits aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung bewusst, dass Sachen unter Berücksichtigung wertbildender Faktoren wie Alter, Marke, Ausstattung und Zustand unterschiedliche Werte beigemessen werden. Daher wird er bereits aus diesem Selbstverständnis heraus, die jeweils abhanden gekommenen Gegenstände unter Berücksichtigung allgemein wertbildender Merkmale näher konkretisieren. Gleiches gilt für die Selbstverständlichkeit, dass höhere Anforderungen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren bei besonders werthaltigen und individuellen Gegenständen im Gegensatz zu einem Bagatellschaden oder „Allerweltsware“ anzusetzen sind.
Ohne weiteres wird für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer – der den Einbruch bei der Polizei als weitere Obliegenheit anzuzeigen hat – zudem deutlich, dass die Einreichung des Verzeichnisses bei der Polizei der Ermöglichung polizeilicher Ermittlungen, insb. deren Sachfahndung, dienen soll. Auch deren Ziele, die Sachen ggf. zurückzuerlangen und die Täter bestenfalls fassen zu können, stehen jedem deutlich vor Augen. Demgemäß erkennt der verständige Versicherungsnehmer, dass er auch diese Angaben über die Diebesbeute so konkret bezeichnen muss, dass der Polizei als außenstehender Dritten eine Identifizierung möglich wird.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.10.2017, 12 U 107/17
Leistungseinschränkung in der privaten Krankenversicherung – Kostenerstattung für künstliche Befruchtung nur für verheiratete Paare unwirksam, weil willkürlich
Leitsätze:
1. Die organisch bedingte Unfruchtbarkeit ist eine Krankheit im Sinne der privaten Krankenversicherungsbedingungen (BGH, Urteil vom 17.12.1986 – IVa ZR 78/85).
2. Eine in den Versicherungsbedingungen statuierte Beschränkung der Kostenerstattung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei organisch bedingter Unfruchtbarkeit allein auf verheiratete Versicherungsnehmer – mit der Maßgabe, dass ausschließlich Ei- und Samenzellen des Ehegatten verwendet werden dürfen – ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da die Differenzierung zwischen verheirateten und unverheirateten Versicherungsnehmern willkürlich ist.
3. Eine in den Versicherungsbedingungen statuierte Beschränkung der Kostenerstattung auf bis zu drei Behandlungszyklen ist wirksam.
4. Im Rahmen einer künstlichen Befruchtung sind auch die Kosten für nach dem Embryonenschutzgesetz zulässige Maßnahmen der PID (Polkörperdiagnostik) und PKD (Präimplantationsdiagnostik) dann erstattungsfähig, wenn eine chromosomale Veränderung beim Versicherungsnehmer zu einem stark erhöhten Abortrisiko führt, und mit den genannten Maßnahmen dieser Einschränkung der Fortpflanzungsfähigkeit entgegengewirkt wird.
5. Zum Begriff der “organisch bedingten Sterilität” in den Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherung.
Begriffserklärungen:
PID = Präimplantationsdiagnostik
PKD = Polkörperdiagnostik
IVF = In-vitro-Fertilisation
LG Bielefeld, Urteil vom 07.02.2017, 7 O 175/15
Haftung eines Versicherungsmaklers bei Nichtzustandekommen eines Versicherungsvertrages (hier: Einreichen des Antrages auf Hausratversicherung ohne weitere Überprüfung)
Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz aus Maklervertrag (§§ 280 Abs. 1, 652 BGB). Die Pflichten eines Versicherungsmaklers gehen nach der Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte (BGH r+s 1985, 206; OLG Düsseldorf r+s 1997, 219) sehr weit. Der Makler hat aufgrund seiner Stellung die Pflicht, die Interessen seines Kunden umfassend wahrzunehmen. Dies ergibt sich bereits aus der Maklervollmacht und dem schriftlichen Maklerauftrag. Insofern kam es vorliegend dem Kläger darauf an, wirksamen Versicherungsschutz für den Hausrat zu erhalten. Die Verpflichtung der Beklagten erstreckte sich daher darauf, sicherzustellen und darauf hinzuwirken, dass ein Versicherungsvertragsverhältnis tatsächlich auch begründet wird. Dem wurde die Beklagte nicht allein damit gerecht, dass sie den Versicherungsantrag vom 23.11.2011 einreichte. Vielmehr hätte sie sich vergewissern müssen, dass tatsächlich innerhalb der V. Versicherung AG die Unterlagen bearbeitet und entsprechend verbeschieden werden. Beim Ausbleiben einer Nachricht hätte die Beklagte nachfragen müssen, was nicht geschehen ist.
LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2018, 14 O 162/17
Vollkasko – Bremsen für (Klein)tiere und Ausweichen vor (Klein)tieren – Kürzung (auf Null) – Rettungskostenersatz – VVG
Amtliche Leitsätze:
1. Kommt es in Folge eines Ausweichmanövers, dass der Fahrzeugführer einleitet, um bewusst einem Fuchs auszuweichen, zu einer Beschädigung seines Fahrzeugs, so kann eine Leistungskürzung nach §§ 90, 83 Abs. 1, 81 Abs. 2 VVG auf null in Betracht kommen. Ein willentliches Ausweichen vor einem solch kleinen Tier stellt in der Regel ein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar. In die Bemessung der Leistungskürzung sind auch die Größe des Pkw – hier ein SUV – und das damit einhergehende Schadenrisiko bei der Kollision mit dem Fuchs miteinzubeziehen.
2. Eine vollständige Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall dadurch grob fahrlässig herbeiführt, dass er sein Fahrzeug trotz absoluter Fahruntüchtigkeit (hier: Blutalkoholkonzentration von 1,57‰) im Verkehr geführt hat und , Urt. v. 22.06.2011, Az.: IV ZR 225/10Urt. v. 11.01.2012, Az.: IV ZR 251/10; ; , Urt. v. 30.10.2014, Az.: 4 U 165/13). , Urt. v. 18.02.2015, Az.: 14 O 108/14
3. Kommen als alternative Geschehensabläufe nur die Verursachung eines Unfalls durch das Ausweichen vor einem Fuchs oder aufgrund des Fahrens im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit in Betracht und ist in beiden Fällen die Rechtsfolge eine Leistungsreduzierung auf null, so kann die tatsächliche Verursachung dahinstehen.
Aus den Gründen:
Droht ein Fahrzeugschaden durch den Zusammenstoß mit einem Tier, so ist dieser versicherte Sachschaden gegen die durch ein Brems- und Ausweichmanöver drohenden möglicherweise mehrfachen Fahrzeug- und Personenschäden abzuwägen, die der Versicherer erstatten muss, falls das Ausweichen geboten war. Bei der Abwägung kommt es auch auf die Größe des Tieres an (BGH, Urt. v. 25.06.2003, Az.: IV ZR 276/02). Dazu, ob es sich um einen überdurchschnittlichen großen Fuchs gehandelt habe, hat der Kläger nicht vorgetragen. Ein durchschnittlicher ausgewachsener Fuchs wiegt zwischen 5-7,5 kg und weist eine Höhe von 35-50cm auf. Vor diesem Hintergrund kann nicht damit gerechnet werden, dass es beim Aufprall mit dem VW Touareg des Klägers überhaupt zu einem nennenswerten Schaden an dem PKW gekommen wäre.
Grundsätzlich sind dem Versicherungsnehmer aber auch bei objektiv nicht gebotenen Rettungsmaßnahmen seine Aufwendungen zu ersetzen, wenn er sie nach den Umständen für geboten halten durfte (BGH, Urt. v. 25.06.2003, Az.: IV ZR 276/02). Allerdings ist der Anspruch des Klägers entsprechend zu kürzen, wenn er die Maßnahme grob fahrlässig für geboten hielt (BGH, Urt. v. 25.06.2003, Az.: IV ZR 276/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 90, Rn. 10 f.). Dies ist hier der Fall.
Beruht die Annahme des Versicherungsnehmers hinsichtlich einer fehlerhaft angenommenen Gebotenheit einer Rettungsmaßnahme auf grober Fahrlässigkeit, so ist sein Anspruch auf Rettungskosten entsprechend dem Maßstab seines Verschuldens abzusenken gemäß §§ 90, 83 Abs. 1, 81 Abs. 2 VVG. (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Hierbei ist bei besonders schwerwiegendem verschulden auch eine Reduzierung auf null möglich (OLG Koblenz, Urt. v. 31.10.2003, Az.: 10 U 1442/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 81, Rn. 95 ff.). Grob fahrlässig handelt dabei derjenige Versicherungsnehmer, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wobei es sich auch um ein in subjektiver Sicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln muss (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Vorliegend trägt der Kläger vor, er sei geistesgegenwärtig dem Fuchs ausgewichen zur Vermeidung der Kollision. Er legt somit dar, dass das Ausweichmanöver kein bloßer Reflex gewesen sei, sondern von dem Willen zur Unfallvermeidung gesteuert. Der Kläger hatte demgemäß die Gefahren, die von einem Ausweichmanöver mit der Möglichkeit, von der Straße abzukommen, für den PKW und dessen Insassen ausgehen mit der Möglichkeit der – hier offensichtlich nur geringfügigen – Schädigung des PKW durch die Kollision mit dem Fuchs.
Auch in solchen Fällen ist eine pauschale Reduzierung des Anspruchs auf null abzulehnen, vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung miteinzubeziehen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Allerdings führt eben diese Abwägung, ausgehend von dem klägerischen Vortrag, zu einem derart groben Verschulden des Klägers, dass dem Gericht eine Reduzierung auf null angemessen erscheint.
Allgemein anerkannt ist, dass die Gefahren, die mit einer Kollision mit einem Fuchs einhergehen, für den Kraftfahrer und den PKW als geschütztes Interesse als nicht sehr hoch als nicht sehr hoch einzustufen sind, so dass ein willentliches Ausweichen vor einem Fuchs in der Regel ein grob fahrlässiges Fehlverhalten darstellt, das auch in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbar ist (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10; OLG Koblenz, Urt. v. 31.10.2003, Az.: 10 U 1442/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 90 Rn. 11; MüKo-VVG/Staudinger, 2. Aufl. 2016, § 90, Rn. 14; jurisPK-StVR/Reichel, 1. Aufl. 2016, § 81 VVG, Rn. 32). So liegt es auch hier. Besondere Umstände, weshalb der Kläger mit besonders hohen Risiken aufgrund der nahenden Kollision mit dem Fuchs hätte rechnen müssen, sind nicht dargetan. Dem gegenüber steht das einem solchen Ausweichmanöver naturgemäß innewohnende Schadensrisiko dadurch, dass man das Fahrzeug unter Umständen nicht mehr beherrschen und es so wie hier zu einer Kollision mit Bäumen neben der Fahrbahn kommen kann. Hiernach hätte ein vernünftiger Versicherungsnehmer in der Position des Klägers das Ausweichmanöver nicht vornehmen dürfen, sondern hätte in Anbetracht der nur sehr geringen drohenden Schäden weiterfahren müssen.
OLG Dresden, Urteil vom 29.05.2018, 4 U 1779/17
Wohngebäudeversicherung: Auch bei größerer Nutzfläche und abweichender Bauweise Anspruch auf Neuwertspitze
1. Die Voraussetzungen für die Auszahlung der Neuwertspitze in der Gebäudeversicherung liegen bei Vereinbarung einer strengen Wiederherstellungsklausel auch dann vor, wenn anstelle eines zweigeschossigen Wohnhauses ein Bungalow mit Flachdach erstellt wird.
2. Bei dem gebotenen Größenvergleich findet § 2 Absatz 3 Wohnflächenverordnung keine Anwendung.
Interessant sind in diesem Zusammenhang folgende Ausführungen aus den Gründen:
Die Nutzfläche des neuen Gebäudes weicht mit 25% nicht wesentlich von derjenigen des alten Gebäudes ab. Nach Auffassung des Senates ist eine Abweichung der Nutzfläche von jedenfalls bis zu 40% bei einer etwa gleichbleibenden Größe des umbauten Raumes nicht erheblich. Feste Grenzen für die Abweichung der Fläche gibt es nicht. Insoweit kommt es stets auf eine Gesamtbetrachtung auch unter Berücksichtigung anderer Parameter -wie z.B. der Größe des umbauten Raumesan.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20.04.2016 (IV ZR 415/14) eine Vergrößerung der Wohnfläche von 116 qm bei dem alten Gebäude auf 171,29 qm bei dem neuen Gebäude – mithin um 47% – nicht zum Anlass genommen, die Neuwertentschädigung schon aus diesem Grund zu versagen. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat erst bei wesentlich größeren Abweichungen als der vorliegenden das Tatbestandmerkmal „in gleicher Art“ verneint. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt in einer ) den Anspruch auf Neuwertentschädigung versagt, weil der Neubau die frühere Nutzfläche um 53% und den umbauten Raum um 60% überstieg. Das Oberlandesgericht Köln hat im ) eine wesentliche Vergrößerung des Gebäudes in einem Fall bejaht, in dem an ein Vereinsheim eines Sportvereines ein weiteres Gebäude mit zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten (Sporthalle mit Nebenräumen) angebaut wurde und die ursprünglich bebaute Fläche nur ein Drittel der nunmehr bebauten Fläche ausmachte. Im ) hat es eine Vergleichbarkeit verneint, weil die Grundfläche sich nahezu verdoppelt und der Rauminhalt das Zweieinhalbfache des versicherten Gebäudes betragen habe. Dieses Ausmaß erreicht die Nutzflächenabweichung vorliegend nicht.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.08.2018, 12 U 51/18
Hausratversicherung – Gebäudebezogenheit eines versicherten Einbruchdiebstahls im Rahmen der Außenversicherung – hier Wohnmobil
Ein Einbruchdiebstahl im Sinne der VHB 84 setzt – jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs von § 5 Nr. 1 Buchst. c VHB 84 – voraus, dass der Dieb in den Raum eines Gebäudes eindringt und/oder dort eine der näher geregelten Tatbestandsalternativen verwirklicht. Ein im Freien vorübergehend abgestelltes und zu Wohnzwecken genutztes Kraftfahrzeug (Wohnmobil) stellt kein Gebäude in diesem Sinne dar.