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OLG Celle, Urteil vom 12.10.2022, 7 U 974/21
Ansprüche nach Erwerb eines Kraftfahrzeugs – gutgläubiger Erwerb; Voraussetzungen eines freiwilligen Besitzverlustes; Technisch eröffnete Überwachungsmöglichkeit für die Dauer einer Probefahrt
Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht durch technische Vorrichtungen, die einer Begleitung vergleichbar sind, gesicherten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine Dauer von einer Stunde ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust (Anschluss an BGH, Urteil vom 18. September 2020 – V ZR 8/19, juris Rn. 10).
Die durch den Einbau von zwei SIM-Karten eröffnete Überwachungsmöglichkeit stellt jedenfalls dann keine technische Vorrichtung dar, die einer Begleitung vergleichbar wäre, wenn die eingebauten SIM-Karten nicht dem Eigentümer, sondern nur der Polizei mit Unterstützung der Fahrzeugherstellerin eine Ortung ermöglichen (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. September 2020 – V ZR 8/19, juris Rn. 10).
Der Besitz des Fahrzeugs allein begründet nicht den für den Gutglaubenserwerb nach § 932 BGB erforderlichen Rechtsschein. Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen für einen gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Erwerber den Kraftfahrzeugbrief (§ 25 Abs. 4 Satz 2 StVZO aF) bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II (§ 12 Abs. 6 FZV) vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2020 – V ZR 8/19, juris Rn. 29). Kommt der Erwerber dieser Obliegenheit nach und wird ihm ein gefälschter Kraftfahrzeugbrief vorgelegt, treffen ihn, sofern er die Fälschung nicht erkennen musste und für ihn auch keine anderen Verdachtsmomente vorlagen, keine weiteren Nachforschungspflichten (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2013 – V ZR 92/12, juris Rn. 14). Bei einer Übereinstimmung des Namens des Veräußerers mit den Eintragungen in den Fahrzeugpapieren kann der Erwerber – vorbehaltlich anderweitiger Anhaltspunkte – auf die Eigentümerstellung des Veräußerers vertrauen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2013 – V ZR 92/12, juris Rn. 9). Auch wenn der Veräußerer im Besitz des Fahrzeugs und des Briefes ist, kann der Erwerber gleichwohl bösgläubig sein, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen mussten und er diese unbeachtet lässt. Eine allgemeine Nachforschungspflicht des Erwerbers besteht hingegen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2020 – V ZR 8/19, juris Rn. 29).
Quelle → VOLLTEXT / DIREKT-LINK
LG Konstanz, Urteil vom 08.07.2021 – C 61 S 61/20
Umfang der Aufklärungspflichten beim Gebrauchtwagenkauf – der “fliegende Zwischenhändler”
Der Verkäufer hat den Gebrauchtwagenkäufer aufzuklären, wenn er das Fahrzeug nicht vom letzten eingetragenen Halter erworben hat.
… und verweist damit auf
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 – VIII ZR 38/09
Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Kraftfahrzeug-brief eingetragenen “fliegenden Zwischenhändler” erworben hat.
OLG Nürnberg, Urteil v. 25.05.2021 – 3 U 3615/20
Kein Sachmangel beim Kauf eines als Vorführwagen angebotenen Fahrzeugs wegen des Fahrzeugalters
Mit der Beschaffenheitsangabe „Vorführwagen“ wird kein bestimmtes Alter eines Fahrzeugs vereinbart und auch keine Aussage über die Dauer seiner Nutzung getroffen (vgl. BGH BeckRS 2010, 25616). Der Käufer eines Vorführwagens muss damit rechnen, dass der Vorführwagen als Ausstellungsobjekt unter Umständen längere Zeit gestanden hat.
Auch eine geringe Laufleistung des Vorführwagens sowie der Umstand, dass dieser erst wenige Monate vor dem streitgegenständlichen Verkauf zugelassen wurde und dass es sich um das aktuelle Modell handelt, stellen keine dahingehenden besonderen Umstände dar, dass der Käufer erwarten durfte, der als Vorführwagen angebotene PKW überschreite ein bestimmtes Alter nicht.
Eine Zeitspanne von zwei Jahren und drei Monaten zwischen Herstellung des Fahrzeugs und dessen Verkauf als Vorführwagen führt nicht dazu, dass das Fahrzeug älter ist, als es der Käufer üblicherweise bei einem Vorführwagen erwartet.
Quelle → VOLLTEXT OLG Nürnberg
OLG Hamm, Urteil vom 16.09.2020, 12 U 177/19
Fahrzeugreparatur, Fehlersuche, Vergütungspflicht, Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung
Ist der Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrags über eine Fahrzeugreparatur auch mit der Fehlersuche beauftragt, sind auch die Leistungsteile zu vergüten, die nicht unmittelbar zum Erfolg der Reparatur führen.
Der Unternehmer hat bei der Fehlersuche in Anwendung der anerkannten Regeln der Technik zunächst die wahrscheinlichsten und für den Besteller günstigsten Fehlerursachen zu überprüfen.
Es obliegt dem Besteller im Rahmen von § 280 Abs.1 BGB darzulegen und nachzuweisen, dass der Unternehmer diese Vorgehensweise und damit die Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung verletzt hat.
Quelle → VOLLTEXT zu OLG Hamm 12 U 177/19
VG Bayreuth, Beschluss vom 05.01.2021 – B 1 S 20.1440
Widerruf eines roten Kennzeichens, Eintragung im Fahrtenbuch, Beobachtungen Dritter über Privatfahrten, Ermessensentscheidung
Verstößt der Inhaber eines roten Kennzeichens über einen längeren Zeitraum gegen die Dokumentationspflichten (hier: unvollständige Angaben, keine Eintragung privater Fahrten und mehrtägiger Überlassungen von Fahrzeugen mit rotem Kennzeichen an Dritte als Probefahrten), rechtfertigt dies den Widerruf des Kennzeichens wegen Unzuverlässigkeit.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2021, 13063
und Volltext → VG Bayreuth und der Widerruf roter Kennzeichen
BGH, Urteil vom 25.09.2018, VI ZR 65/18
Preisgestaltungsautonomie liegt bei der Werkstatt
Die Preise der Ersatzteile, die eine markengebundene oder eine freie Fachwerkstatt dem Kunden in Rechnung stellen, werden nach deren eigener Preisgestaltung regelmäßig nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellt; sie können sich im Rahmen der unverbindlichen Preisempfehlung der Fahrzeughersteller und/oder ihrer Importeure für Originalersatzteile …
LG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2016, 14e O 139/14
Das beliebte “Spiel” der Versicherungen – der Abzug des Unternehmergewinns bei der Instandsetzung eines werkstatteigenen Fahrzeugs nach einem unverschuldeten Unfall
In Bezug auf die Kosten für die Reparatur des Klägerfahrzeugs, die in der eigenen Werkstatt der Klägerin durchgeführt wurde, ist ein Abzug in Höhe von 15 % für den Unternehmergewinn … nicht vorzunehmen.
In der Werktstatt werden unstreitig auch Fremdfahrzeuge gewartet, repariert und inspiziert. Insoweit kann die Klägerin, soweit sie das streitgegenständliche Fahrzeug in der eigenen Werkstatt repariert, diese Reparatur zu den gleichen Konditionen abrechnen, wie sie Werkleistungen für andere Kunden abrechnet. Ein Geschädigter, der die Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs selbst durchführt, kann grundsätzlich den Geldbetrag erstattet verlangen, den er in einer Kraftfahrzeugwerkstatt aufbringen musste. Gleiches gilt für den Geschädigten, der selbst gewerbsmäßig mit der Instandsetzung von Kraftfahrzeugen befasst ist und eine eigene Kraftfahrzeugwerkstatt betreibt. Letzterer darf nicht schlechter gestellt werden als ein Geschädigter, der diese Möglichkeit nicht hat. Es ist ihm auch nicht zuzumuten, besondere eigene Anstrengungen zu unternehmen, wenn der Lohn dieser Anstrengungen lediglich dem Schädiger zu Gute kommt (BGH Urteil vom 08.12.1977 – II ZR 189/15; …).
Soweit die Beklagten behaupten, die klägerische Werkstatt sei zum Zeitpunkt der Reparatur nicht voll ausgelastet gewesen, ist dieser Vortrag als spekulative Behauptung ins Blaue hinein unbeachtlich. Die Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Ausnahmetatbestand, welcher einen Abzug rechtfertigen würde, tragen die Beklagten.
LG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2016, 14e O 139/14
Wenn ein (Vorführ)fahrzeug eines Autohauses verunfallt, darf dieses als Geschädigte auch ein Ersatzfahrzeug anmieten
Auch wenn ein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug (Anmerkung: es handelte sich hier um ein Vorführfahrzeug eines Autohauses) ausfällt, kann die Geschädigte (gemeint ist hier das Autohaus) zu Lasten des Schädigers ein Ersatzkraftfahrzeug anmieten (BGH NJW 1985, 793).
Aus den Gründen (weiter):
Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges durch die Klägerin (Autohaus) war auch geboten. Als Autohaus nutzt sie ihre Vorführwagen für gewöhnlich zu Präsentationszwecken und für Probefahrten, um diese langfristig an Kunden zu veräußern. So hat die Klägerin vorliegend ihren Nutzungswillen durch die zügige Instandsetzung und anschließende Veräußerung dokumentiert. Dass sie das Ersatzfahrzeug nicht selbst etwa durch eigene Angestellte benutzt hat, sondern unmittelbar an den Zeugen Xxxxxxx übergeben hat, mit der Begründung diesen mobil halten zu wollen, steht ihrem Nutzungswillen nicht entgegen. Vorführwagen eines Autohauses werden für gewöhnlich durch Dritte, nämlich (potenzielle) Kunden, gebraucht. Insoweit ist unerheblich, ob der Nutzungswille der Klägerin dahin geht, den Wagen selbst zu nutzen, oder ob die Nutzung in der Zurverfügungstellung an einen Dritten besteht. Der Nutzungswille der Klägerin hat sich vorliegend auch dadurch manifestiert, dass diese einen Ersatzwagen angemietet hat.
OLG Hamm, Urteil vom 08.02.2017, 12 U 101/16
Wer sich “Fachwerkstatt” einer bestimmter Marke nennt, muss Rückrufaktion kennen
Bezeichnet sich eine Werkstatt als Fachwerkstatt für Fahrzeuge einer bestimmten Marke, trifft sie, auch wenn sie nur mit Wartungsarbeiten im Umfang einer “kleinen Inspektion” beauftragt ist, die Pflicht sich zu informieren, ob das Fahrzeug von einer Rückrufaktion wegen sicherheitsrelevanter Mängel betroffen ist.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2017, I-22 U 211/16
§ 476 BGB und die Frage nach der Beweislastumkehr bei auffälligen Lackschäden?
Dem Verkäufer steht – bei von dem Käufer erstmals ca. 2 Wochen nach Gefahrübergang gerügten umfangreichen Kratzer an einem Neufahrzeug – die Möglichkeit offen, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 476 BGB ausnahmsweise deswegen ausgeschlossen ist, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar (§ 476 BGB letzter Hs.) ist.
Die Vermutung des § 476 BGB, dass ein Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, ist dann mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn es sich um äußerliche Beschädigungen der Kaufsache handelt, die auch einem fachlich nicht versierten Käufer auffallen müssen. Denn in einem solchen Fall ist zu erwarten, dass der Käufer den Mangel bei Übergabe beanstandet. Hat er die Sache ohne Beanstandung entgegengenommen, so spricht dies folglich gegen die Vermutung, der Mangel sei schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen.
OLG München, Urteil v. 14.09.2017 – 23 U 667/17
Anspruch auf Rückzahlung von gesamtem Kaufpreis aus Rückabwicklung eines Vertrages / pauschalierter Schadenersatz / Angaben zum “Tachostand”
Bei der Angabe von Kilometerlaufleistungen eines Pkw handelt es sich bei Vorhandensein entsprechender einschränkender Zusätze nicht um eine Beschaffenheitsvereinbarung, sondern um eine Wissenserklärung.
Die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag (§ 324 BGB) ist aufgrund einer Abwägung der Interessen beider Vertragspartner festzustellen.
Ein pauschalierter Schadensersatz iHv 10% des Pkw-Kaufpreises im Falle des Nichterfüllens einer Abnahmepflicht kann nicht als ungewöhnlich hoch angesehen werden.
BGH, Urteil vom 14.09.2017 – VII ZR 307/16
Bringt der Besteller eines Kfz-Reparaturauftrags für den Unternehmer erkennbar zum Ausdruck, dass Voraussetzung für den Abschluss dieses Vertrages möglichst verlässliche Informationen über die zur Behebung des Schadens notwendigen Kosten sind, müssen ihm vom Unternehmer die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände mitgeteilt werden.
Sachverhalt:
Im März 2014 stellte der Kläger atypische Motorgeräusche fest. Er wandte sich daraufhin an die Beklagte und gab zu erkennen, nur noch an wirtschaftlich sinnvollen Reparaturen interessiert zu sein. Die Beklagte untersuchte den Pkw und stellte einen Defekt an den Einspritzdüsen fest. Ob weitere Motordefekte vorlagen, untersuchte die Beklagte nicht, insbesondere nicht, ob ein Defekt am Pleuellager bestand. Hierzu hätte die Beklagte die Ölwanne abbauen und die Pleuelhalbschalen demontieren müssen, was erhebliche Kosten verursacht hätte. Bei Pkw mit einer Laufleistung von über 200.000 km können beim Auftreten atypischer Motorgeräusche neben einem Defekt an den Einspritzdüsen weitere Schäden vorliegen, auch ein Defekt am Pleuellager, der allerdings bei diesem Fahrzeugtyp nicht häufig ist. Die Kosten der Reparatur des Pleuellagers hätten den Wiederbeschaffungswert überstiegen.
Die Beklagte wies den Kläger auf die Notwendigkeit eines Austauschs der Einspritzdüsen hin. Sie teilte dem Kläger nicht mit, dass bei einem atypischen Motorgeräusch weitere Schadensursachen vorliegen können, deren Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Der Kläger erteilte der Beklagten den Auftrag zum Austausch der Einspritzdüsen. Die Beklagte stellte für diese Arbeiten 1.668,39 € in Rechnung, die der Kläger bezahlte.
Unmittelbar im Anschluss an die Reparatur zeigte sich, dass diese nicht zur Beseitigung der atypischen Motorgeräusche geführt hatte. Im Rahmen des vom Kläger angestrengten selbständigen Beweisverfahrens stellte der Sachverständige fest, dass ein Pleuellagerschaden bereits im Zeitpunkt der Auftragsvergabe vorhanden gewesen war.
Kernaussage zum Sachverhalt (aus den Gründen):
Auf dieser Grundlage war die Beklagte verpflichtet, den Kläger nicht nur auf die defekten Einspritzdüsen und die mit deren Austausch verbundenen Kosten hinzuweisen. Die Beklagte war darüber hinaus verpflichtet, auf das Risiko hinzuweisen, dass mit dem Austausch der Einspritzdüsen nicht zwangsläufig das atypische Motorengeräusch beseitigt werden könnte, sondern gegebenenfalls weitere, den Wiederbeschaffungswert übersteigende Reparaturen notwendig sein könnten, insbesondere zur Beseitigung eines Pleuellagerschadens. Erst beide Informationen hätten den Kläger in die Lage versetzt zu entscheiden, ob er seinen Pkw noch reparieren lässt.
BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 33/10
Markenunabhängige Kfz-Reparaturwerkstatt darf nicht mit markenrechtlich geschütztem Logo des Kfz-Herstellers werben (hier: “GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE VW”)
Benutzt eine Autoreparaturwerkstatt in der Werbung für Inspektionsarbeiten an Fahrzeugen eines Automobilherstellers blickfangmäßig dessen bekannte Wort/Bildmarke, kann darin im Hinblick auf einen möglichen Imagetransfer eine Beeinträchtigung der durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geschützten Werbefunktion der Marke liegen.
Die Verwendung einer bekannten Wort/Bildmarke eines Automobilherstel-lers in der Werbung einer Autoreparaturwerkstatt für Inspektionsarbeiten an den Fahrzeugen des Automobilherstellers kann gegen die guten Sitten im Sinne von § 23 Nr. 3 MarkenG verstoßen, wenn die Benutzung der Wortmar-ke die schützenswerten Interessen des Markeninhabers weniger beeinträchtigt.
LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2013, 13 S 77/13
Erfüllungsort nach einem Reparaturauftrag = Betriebssitz / Kostenerstattung Transport
Im Kaufvertragsrecht ist anerkannt, dass der Verkäufer nicht verpflichtet ist, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer Mängeluntersuchung gegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 m.w.N.). Will der Käufer Nacherfüllung bzgl. einer vermeintlich mangelhaften Kaufsache geltend machen, muss er dem Verkäufer danach die Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung stellen (vgl. BGH aaO).
Entsprechendes gilt für Werkverträge wie hier. Denn auch das Nacherfüllungsverlangen nach § 635 BGB setzt voraus, dass der Werkunternehmer in die Lage versetzt wird, das erstellte Werk auf etwaige Mängel zu untersuchen. Insoweit trifft auch den Besteller im Rahmen eines Nacherfüllungsverlangens die Pflicht, dem Werkunternehmer das Werk zur Untersuchung auf etwaige Mängel zur Verfügung zu stellen (vgl. hierzu Palandt/Sprau aaO § 634 Rn. 2; § 635 Rn. 2; zur Obliegenheit des Bestellers zur Mitwirkung vgl. auch §§ 642, 643 BGB).
Hiervon ausgehend traf den Kläger vorliegend die Obliegenheit, der Beklagten das Fahrzeug an deren Betriebssitz zur Verfügung zu stellen, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, das Fahrzeug auf etwaige Mängel der am Vortag durchgeführten Reparatur untersuchen zu können. Der Erfüllungsort für eine etwaige Nacherfüllung war im Streitfall nämlich der Betriebssitz der Beklagten. Denn es ist anerkannt, dass die Nacherfüllung bei Kfz-Reparaturen an dem Ort durchzuführen ist, wo sich die Werkstatt befindet (vgl. nur OLG München, DAR 2006, 28; jurisPKBGB/Kerwer, 6. Aufl., § 269 Rn. 18; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 29 ZPO Rn. 25 „Werkverträge“).
Indem die Beklagte das Fahrzeug des Klägers an ihren Betriebssitz abgeschleppt hat, hat sie demnach auch eine Obliegenheit des Klägers erfüllt. Jedenfalls unter den gegebenen Umständen steht ihr daher ein Anspruch auf Ersatz der insoweit entstandenen Kosten zu.