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OLG Bamberg, Beschluss v. 18.12.2017 – 3 Ss OWi 1774/17
Erforderliche Feststellungen bei Ladungsverstoß durch Halter / Delegation / Überwachung / Kontrollen
1. Die Erfüllung der dem Fahrzeughalter nach § 31 II StVZO obliegenden Aufsichts- und Überwachungspflichten für die Einhaltung der aus den §§ 22 I 1, 23 I 1 StVO resultierenden Ladungssicherungsvorschriften setzt auch bei einer wirksamen Delegation nicht nur voraus, dass der Verantwortliche bei der Auswahl und Schulung der Fahrzeugführer die erforderliche Sorgfalt walten lässt und diese mit den notwendigen Unterweisungen versieht. Erforderlich ist auch, dass die Beachtung der Weisungen durch gelegentliche – auch unerwartete – Kontrollen überprüft wird, weil nur so eine auch präventiv wirksame planmäßige Überwachung gewährleistet ist (u.a. Anschluss an OLG Bamberg, Beschl. v. 12.06.2013 – 2 Ss OWi 659/13 = VM 2013 Nr. 51 = ZfS 2013, 651.
2. Die in der Bußgeldbewehrung des § 31 II StVZO enthaltenen speziellen Halterpflichten erstrecken sich über § 9 OWiG auch auf den gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter des Halters (u.a. Anschluss an OLG Düsseldorf NZV 1990, 323).
3. Tathandlung des § 31 II StVZO ist nicht die ungenügende Ladungssicherung selbst, sondern die Anordnung oder Zulassung der Inbetriebnahme des Fahrzeugs trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der nicht vorschriftsmäßigen Ladung oder der durch diese beeinträchtigten Verkehrssicherheit des Fahrzeugs mit der Folge, dass von einem tatbestandlichen Handeln nicht schon allein aufgrund einer objektiv feststehenden ungenügenden Ladungssicherung ausgegangen werden darf. Vielmehr ist dem Halter nachzuweisen und im Urteil nachvollziehbar anhand konkreter Umstände darzulegen, woraus sich im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrzeugs gerade die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis in seiner Person ergibt (u.a. Anschluss an KG NZV 2008, 51).
Quelle → VOLLTEXT / OLG BAMBERG / 18.12.2017 / 3 Ss OWi 1774/17
LG Augsburg, Urteil v. 31.01.2017 – 081 O 1732/15
Haftung des Abschleppunternehmers für Schäden eines Fahrzeugs, das sich beim Abschleppvorgang vom Abschleppfahrzeug löst / Und was ist als Ersatz geschuldet (Thema: nur Wertersatz)
1. Ein Abschleppunternehmer haftet dem Fahrzeugeigentümer nach § 823 BGB auf Schadensersatz, wenn sich im Verlaufe eines Abschleppvorgangs während der Fahrt das abgeschleppte Fahrzeug wegen eines nicht ausreichend festgezogenen Sicherungsgurtes aus der Abschleppbrille löst und hierdurch einen erheblichen Schaden erleidet.
2. Der Abschleppunternehmer kann sich – auch wenn ihm der Auftrag durch einen Dritten erteilt worden ist – gegenüber dem Fahrzeugeigentümer auf die frachtrechtlichen
Haftungsbeschränkungen berufen und haftet nur auf Wertersatz.
3. Der merkantile Minderwert ist eine im Rahmen des Wertersatzanspruchs erstattungsfähige Position (hierzu siehe auch OLG Frankfurt, Urteil vom 15.01.1991, Aktenzeichen 5 U 28/90 und AG Pfaffenhofen, Urteil vom 05.08.2016, 1 C 290/16)
4. Die Gutachterkosten dienten zur Schadensfeststellung gemäß § 430 HGB. Dies gilt auch für die Kosten des Ergänzungsgutachtens.
5. Ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Sie sind von dem Anspruch aus § 823 Abs.1 BGB nicht umfasst, weil die Haftungsbeschränkung nach den §§ 429 ff. HGB greift.
Rechtsanwaltskosten sind als Schadensanmeldungskosten nicht erstattungsfähiger Schaden im Sinn von § 432 Satz 2 HGB. Eine Haftung aus §§ 280 Abs.1, Abs.2, 286 BGB wegen Verzugs scheitert (hier), … (weil die Vorausetzungen eines Verzuges hier nicht vorliegen)
Quelle → Beck-Verlag / LSK 2017, 104904
Hinweis:
ACHTUNG: Im internationalen Frachtverkehr gilt aber das CMR mit weiter einschränkenden Haftungsbeschränkungen → siehe hierzu nachfolgend OLG München, Urteil vom 15.12.2011, 23 U 3178/11)
OLG München, Urteil vom 15.12.2011 – 23 U 3178/11
Frachtführerhaftung / Haftungsbeschränkungen nach CMR (internationaler Frachtverkehr)
Die Beklagte haftet nur beschränkt nach Art. 17, 23 CMR.
Qualifiziertes Verschulden der Beklagten nach Art. 29 CMR liegt nicht vor, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.
Aus Art. 23 CMR ergibt sich kein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten:
Art. 23 Abs. 1 bis 4 CMR unterscheidet zwischen dem Schaden, der durch den Verlust des Gutes eingetreten ist, und den transportbedingten Kosten des Absenders. Die Schäden werden gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 durch Wertersatz und darüber hinaus nicht kompensiert.
Nach Art. 23 Abs. 4 CMR ersatzfähig sind nur solche Aufwendungen, die auch bei vertragsgemäßer Abwicklung der Beförderung entstanden wären. Ersatzlos bleiben daher vor allem Folgekosten, zu denen sämtliche schadensbedingten Aufwendungen gehören (BGH NJW-RR 2004, S. 31, 32; BGH NJW 2010, S. 1816, 1817; Koller, Transportrecht, 7. Auflage, 2010, Art. 23 CMR Rz. 10). Gutachterkosten entstehen erst aus Anlass des Schadens und sind daher nicht ersatzfähig (; 18 U 138/06, zitiert nach juris Tz. 28). , Urteil vom 14.03.2007, Az. I-18 U 138/06
Hinweis:
Für nationale Transportverträge existiert aber mit § 430 HGB eine ausdrückliche Regelung, wonach auch bei begrenzter Haftung die Schadensfeststellungskosten, mithin die Gutachterkosten, zu erstatten sind (siehe hierzu auch oben LG Augsburg, Urteil v. 31.01.2017 – 081 O 1732/15).
BGH, Urteil vom 23.11.2017, I ZR 51/16
Der Anspruchsteller, der vom Frachtführer Schadensersatz mit der Begründung beansprucht, Tiefkühlware sei während des Transports nicht ausreichend gekühlt worden, muss darlegen und beweisen, dass er dem Frachtführer das Transportgut in ordnungsgemäß gekühltem Zustand übergeben hat.
Unterzeichnet der Frachtführer vorbehaltlos einen Lieferschein, in dem eine ausreichende Vorkühlung der zu transportierenden Ware festgehalten ist, trägt er die Beweislast für seine Behauptung, er sei bei der Beladung an einer Kontrolle der Temperatur der übernommenen Ware gehindert worden.
OLG Köln, Beschluss vom 05.07.2019, 1 RBs 207/19
Nach der Neufassung des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3549) ist der Fahrzeughalter in dieser Eigenschaft nicht mehr Normadressat des Sonn- und Feiertagsfahrverbots.
Aus den Gründen:
Durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3549 ff [3550]) ist freilich der Wortlaut der Verordnung dahingehend geändert worden, dass an Sonn- und Feiertagen Lkw nicht geführt werden dürfen. Ein Fahrzeug „führt“ gängiger Definition zufolge, wer es selbst (eigenhändig) bei bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Das trifft auf den Fahrzeughalter nicht zu; er „führt“ das Fahrzeug in dieser Eigenschaft nicht eigenhändig (zum fahrenden Halter vgl. OLG Celle NZV 2004, 368 = VRS 107, 133).
Obwohl der Verordnungsgeber ausweislich der Begründung durch die Verwendung des Verbs „führen“ (nicht – wie in BR-DRs. 556/17, S. 29 ausgewiesen – „fahren“; so aber auch BeckOK-Straßenverkehrsrecht-Ritter, 3. Edition Stand 01.04.2019, § 30 StVO Rz. 9) lediglich den ruhenden Verkehr von dem Verbot ausnehmen wollte, ist nach dem nunmehrigen Wortlaut der Verordnung der (das Fahrzeug nicht selbst führende) Halter daher nicht (mehr) Normadressat der Vorschrift (vgl. auch Ternig, NZV 2017, 497 [499]: „Somit geht es um den Fahrzeugführer“).
Aber:
Dass der Betroffene als Halter des fraglichen Fahrzeugs dieses nicht (das wird jedenfalls nicht festgestellt) eigenhändig geführt hat, schließt freilich nicht aus, dass er sich an einem (vorsätzlichen) „Führen“ durch die Fahrerin im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 OWiG (vorsätzlich) beteiligt hat.
Ergänzung (Stand per 05.08.2019):
Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Bergheim zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 29.05.2019, I ZR 194/18
Der Gerichtsstand gemäß Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR ist auch für den gegen den Haftpflichtversicherer des Frachtführers nach dem insoweit anwendbaren nationalen Recht (hier: Art. 822 § 4 des Polnischen Zivilgesetzbuchs) gegebenen Direktanspruch des Absenders oder des Empfängers oder – aus übergegangenem Recht – ihres Versicherers eröffnet.
BGH, Urteil vom 23.07.2020, I ZR 119/19
Bewachung beladener Fahrzeuge durch Frachtführer
Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Absenders, wonach beladene Fahrzeuge beim Parken zu überwachen oder dort abzustellen sind, wo ausreichende Sicherheit gewährleistet ist, erlegt dem Frachtführer keine über das gesetzliche Maß hinausgehenden Sorgfaltspflichten auf.
Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der Satz 1 Fall 1 der Klausel 5.3 eindeutig bestimmt, dass geparkte Fahrzeuge zu überwachen sind. Unklar ist jedoch, welchen Inhalt die Regelung in Satz 1 Fall 2 der Klausel 5.3 hat.
Hierzu folgen dann unter den Rn. 33 ff. umfangreiche Ausführungen zur Auslegung der Regelung > das Urteil gibt es nachzulesen unter >
https://www.iww.de/quellenmaterial/id/217775
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2006 – IV-2 Ss (OWi) 124/06 – (OWi) 67/06 III
Zur Verantwortlichkeit eines „Fuhrparkleiters“ für die Einhaltung von Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten
… ob und inwieweit der Betroffene das Fahrpersonal in regelmäßigen zeitlichen Abständen auf die maßgeblichen Lenk- und Ruhezeiten hingewiesen, die Schaublätter der EG-Kontrollgeräte überprüft und im übrigen die Fahrten so disponiert hat, dass den Fahrern unter Berücksichtigung des Bestimmungsortes, der Streckenführung und der Zeiten für An- und Abfahrt sowie für Be- und Entladung die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten möglich war (vgl. Schulz in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Abschnitt F 30d, Rdn. 11 zu § 8 FPersV a.F. m.w.N.).
Bei Vernachlässigung dieser Pflichten wird ferner zu prüfen sein, ob die am 5./6. Juni 2005 festgestellten Lenkzeitüberschreitungen ursächlich auf die fehlende oder unzulängliche Belehrung und Überwachung zurückzuführen sind (vgl. OLG Koblenz VRS 102, 291, 294).