Arbeitsgericht Köln, 09.10.2013, 3 Ca 1819/13
Advent, Advent… wer hat denn hier die betriebliche Weihnachtsfeier “verpennt”…
da hat doch ein Kölner Unternehmen seine zur Weihnachtsfeier erschienenen Mitarbeiter (und auch eben nur diese) mit einem “I-Pad” beschenkt. Zweck des Ganzen war, dass sich dies im Unternehmen herumsprechen sollte und in der Zukunft doch mehr Mitarbeiter zu den Weihnachtsfeiern kommen.
Geklagt hatte nun ein Mitarbeiter, der eben nicht erschienen war. Dieser hatte gemeint, er müsse auch genauso bedacht werden, weil es sich ja schließlich um eine “Gratifikation” bzw. “Sonderleistung” handeln würde.
Die Richter des Arbeitsgerichtes Köln verweigerten dem Kläger den Anspruch auf “Gleichbehandlung”. Die Richter vertraten die Auffassung, dass es hier vollkommen legitim sei, nur die zu beschenken, die auch zur Weihnachtsfeier kommen. Im Urteil liest sich dann der schöne Satz:
“Nur der, der kommt, kommt auch in den Genuss dessen, was es dort gibt.” … und hier gab es nun eben ein I-Pad.
Und weiter liest man dann:
“Aus welchen Gründen Mitarbeiter kommen oder nicht kommen, spielt keine Rolle.”
Vielleicht ein bisschen bitter für den Kläger, dass er selber wegen Krankheit fehlte und es ihm damit nicht anders ging als denjenigen, die einfach nicht kommen wollten.
BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15
Die Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin kann die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Berufskraftfahrers auch dann rechtfertigen, wenn nicht feststeht, dass seine Fahrtüchtigkeit bei von ihm durchgeführten Fahrten konkret beeinträchtigt war.
BAG, Urteil vom 14.06.2017, 7 AZR 597/15
hier: Befristung – Arzt in der Weiterbildung – inhaltlich und zeitlich strukturierte Weiterbildung
Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) liegt ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund ua. vor, wenn die Beschäftigung des Arztes der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt dient. Voraussetzung für eine Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG ist, dass die beabsichtigte Weiterbildung die Beschäftigung des Arztes prägt. Dabei ist nach allgemeinen befristungsrechtlichen Grundsätzen auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Planungen und Prognosen abzustellen, die der Arbeitgeber im Prozess anhand konkreter Tatsachen darzulegen hat. Dazu ist anzugeben, welches Weiterbildungsziel mit welchem nach der anwendbaren Weiterbildungsordnung vorgegebenen Weiterbildungsbedarf für den befristet beschäftigten Arzt angestrebt wurde, und jedenfalls grob umrissen darzustellen, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollten. Ein schriftlicher detaillierter Weiterbildungsplan ist ebenso wenig erforderlich wie die Aufnahme eines solchen Plans in die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
Die Klägerin ist Fachärztin für Innere Medizin. Im Juni 2012 schlossen die Parteien einen nach dem ÄArbVtrG für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2014 befristeten Arbeitsvertrag zum Erwerb der Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“. Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung zum 30. Juni 2014 geltend gemacht.
Die Klage hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht – Erfolg. Nach dem Vorbringen der Beklagten war nicht erkennbar, ob im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung die Prognose gerechtfertigt war, dass eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung die Beschäftigung der Klägerin prägen würde.
EuGH, Urteil vom 21.02.2018, C-518/15
Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit
Die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während deren er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb kurzer Zeit Folge zu leisten, ist als „Arbeitszeit“ anzusehen.
LAG Köln, Urteil vom 12.01.2018, 4 Sa 290/17
Erkrankung während eines Arbeitstages, Beweiswert AU-Bescheinigung
Ein Arbeitnehmer, der während eines Arbeitstages erkrankt, erhält für den gesamten Arbeitstag die Vergütung gemäß § 611 BGB und keine Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs. 1 EFZG (BAG, Urteil vom 26.02.2003 – 5 AZHR 112/02 –).
Verlässt ein Arbeitnehmer nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten unter Hinweis auf eine Erkrankung seinen Arbeitsplatz, so kann dies allein den hohen Beweiswert der anschließend ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht erschüttern.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.08.2018 – 26 Sa 1151/17
Anforderungen an die Vortragslast bei einer Mindestlohnklage
Verlangt eine klagende Partei Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat sie darzulegen und – im Bestreitensfall – zu beweisen, dass sie Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Die klagende Partei genügt ihrer Darlegungslast, indem sie vorträgt, sie habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen.
Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern.
Deshalb hat er im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er zugewiesen hat und ob die klagende Partei den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. BAG 18. April 2012 – 5 AZR 248/11, Rn. 14).
Werden in einem Taxi sog. Verfügungszeiten, d.h. Zeiten von der Übernahme des Fahrzeugs bis zur Abgabe, technisch erfasst, ist es danach zunächst ausreichend, wenn seitens der klagenden Partei diese Zeiten angegeben werden.
Die Anforderungen an die Vortragslast des Arbeitgebers richten sich nach der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und den konkreten betrieblichen Abläufen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2018, VII ZR 298/17
Die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften betreffend den Kündigungsschutz ( §§ 1 ff. KSchG ), die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ( § 3 EntgeltFG ) sowie die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer ( § 28e SGB IV , § 41a EStG ) finden unabhängig von einer möglichen Umgehungsabsicht der Vertragspartner beim Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags Anwendung, wenn die in ihnen niedergelegten Voraussetzungen erfüllt sind, und führen nicht zur Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 134 BGB.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.10.2018 – 17 Sa 562/18
Beharrliche Arbeitsverweigerung – Zuweisung von Telearbeit – fristlose Kündigung
Der Arbeitgeber ist nicht allein aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer Telearbeit zuzuweisen.
Wenn es sich um die in Aussicht genommene Telearbeit handeln sollte, konnte die Beklagte diese dem Kläger – wie ausgeführt – nicht einseitig zuweisen. Eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestand für den Kläger insoweit nicht und er hatte sich deshalb auch nicht auf eine derartige Tätigkeit vorzubereiten. Die Beklagte kann mit anderen Worten nicht verlangen, dass der Kläger nach der Schließung der Betriebsstätte eine angebotene Beschäftigungsmöglichkeit auch wahrnimmt, solange er zu dieser Tätigkeit nicht aufgrund seines Arbeitsvertrags verpflichtet ist. Bis zu einer einvernehmlichen Änderung der Arbeitsbedingungen bzw. einer vertragsgemäßen Zuweisung einer neuen Tätigkeit ist der Kläger nach der Betriebsschließung nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet und kann deshalb eine Arbeit auch nicht beharrlich verweigern.
Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 21.02.2019, 1 Ca 1909/18
Arbeitgeber können das Tragen von Gelnägeln aus Hygienegründen untersagen
Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht umfasst auch sonstige Maßnahmen, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen.
Greift der Arbeitgeber zu solchen sonstigen Maßnahmen, muss er die Grenzen billigen Ermessens wahren, indem er die wesentlichen Umstände des Falls abwägt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.
Eine sonstige Maßnahme im vorgenannten Sinne kann z.B. eine Dienstanweisung zur Gestaltung der Fingernägel bei Helferinnen und Helfern im Sozialen Dienst während der Arbeitszeit sein.
Und:
Im konkreten Fall wurde die Wirksamkeit eines Verbots von u.a. lackierten Fingernägeln und Gelnägeln bejaht wegen vorrangiger Interessen der Arbeitgeberin als Trägerin eines Altenheims am Schutz der Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner.
BAG, Urteil vom 19.5.2015, 9 AZR 725/13
Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit
Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.
Die Vorschrift regelt die Kürzung des nach dem Ende der Elternzeit zustehenden Urlaubs, also eines bestehenden oder entstehenden Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers. Die Kürzungsmöglichkeit entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit beendet wird. Eine rückwirkende Kürzung des vor der Elternzeit erfüllten Urlaubsanspruchs und eine Rückforderung des gezahlten Urlaubsentgelts sieht § 17 Abs. 4 BEEG in diesem Fall nicht vor. Daraus wird deutlich, dass es sich bei der Verrechnungsmöglichkeit gerade nicht um ein Gestaltungsrecht mit Rückwirkung handelt, sondern um die Befugnis, bestehenden oder künftig entstehenden Urlaub zu kürzen.
LAG Nürnberg, Urteil v. 31.01.2020 – 4 Sa 179/19
Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses entgegen § 1 Abs. 2 HS 2 ÄArbVtrG
Vereinbaren die Vertragsparteien im Rahmen des § 1 ÄArbVtrG entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 HS 2 ÄArbVtrG keine kalendermäßige Befristung, sondern eine vom Bestehen der Facharztprüfung abhängige Zweckbefristung, wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet.
LAG Baden-Württemberg Urteil vom 17.9.2020, 17 Sa 8/20
Außerordentlich fristlose Kündigung wegen Datenlöschung in erheblichem Umfang
Löscht ein Arbeitnehmer im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich vom Arbeitnehmer trennen zu wollen, vom Server des Arbeitgebers Daten in erheblichem Umfang (hier: 7,48 GB), nachdem er sich von einer Mitarbeiterin (Einkäuferin) mit den Worten “man sieht sich immer zweimal im Leben” verabschiedet hatte, rechtfertigt dies die außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Quelle: → LAG BW 17 Sa 8/20
BAG, Urteil vom 01.12.2020 – 9 AZR 102/20
Arbeitnehmereigenschaft von „Crowdworkern“
Die tatsächliche Durchführung von Kleinstaufträgen („Mikrojobs“) durch Nutzer einer Online-Plattform („Crowdworker“) auf der Grundlage einer mit deren Betreiber („Crowdsourcer“) getroffenen Rahmenvereinbarung kann ergeben, dass die rechtliche Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.
Quelle → Pressemitteilung Nr. 43 des BAG