Totalschaden beim Haftpflichtschaden und das leidige Thema des “Restbenzins”
Immer wieder sorgt auch dieses für Diskussionen nach einem unverschuldeten Unfall und JA,
auch das nach einem erlittenen Totalschaden im Tank verbleibende und nicht mehr nutzbare “Benzin” ist vom Versicherer des Schädigers zu erstatten.
Die Argumente der Versicherer, dass man das Benzin ja selber abpumpen könne bzw. dass der verbleibende Kraftstoff im ermittelten Restwert enthalten sei, sind (gelinde gesagt) Blödsinn und von der Rechtsprechung auch klipp und klar abgelehnt (mit einer gewichtigen Ausnahme – siehe am Ende der Ausführungen).
ALLERDINGS
muss ein Geschädigter natürlich den Nachweis erbringen, wie viel Treibstoff (in etwa) noch im Tank “steckt”.
Am idealsten ist und bleibt die Einschaltung eines Sachverständigen sowieso nach einem Haftpflichtschaden und ein guter Sachverständiger, den auch noch der Geschädigte frei auswählt, hat auch dafür ein Blick. Denn ein solcher wird auch im Gutachten ein Bild von der Tankanzeige mit dem aktuellen Füllstand machen. Sollte das einmal nicht der Fall sein, raten wir dazu, ruhig selber einmal ein solches Foto zu machen (dann aber bitte mit Aufnahme auch des Tachostandes). Hilfreich kann auch, wenn das mal vergessen wurde, die Vorlage einer letzten Tankquittung sein. Aber am besten immer gleich zum richtigen Gutachter.
Die Rechtsprechung
lässt aber auch hier den Geschädigten nicht allein und so sei auf folgende Urteile (zu den vielen unterschiedlichen Facetten in diesem Bereich) hingewiesen:
AG Meschede, Urteil vom 10.11.2015, AZ: 6 C 129/15
LG Hagen, Urteil vom 19.10.2015; AZ: 4 O 267/13
LG Kiel, Urteil vom 19.07.2013, AZ: 13 O 60/12
AG Lünen, Urteil vom 24.11.2016, AZ: 9 C 186/16
Zudem überzeugt folgende Argumentation des
AG Pforzheim vom 31.07.2007, AZ: 5 C 23/07:
Im Falle der Totalbeschädigung eines Kraftfahrzeugs sind die Kosten des noch im Fahrzeug befindlichen Kraftstoffs weder beim gutachterlich ermittelten Restwert zu berücksichtigen, noch im Veräußerungspreis des Altfahrzeugs. Da die Erlangung von Benzin aus dem Wrack mit erhöhtem Aufwand verbunden ist und regelmäßig der Tankinhalt nicht bekannt, wird dieser in der Regel auch nicht verwertet. Daher sind die Kosten des im Fahrzeugwrack verbleibenden Restkraftstoffs gesondert zu ersetzen.
Ein Teil der Rechtsprechung erkennt auch dem Geschädigten eine (fiktive) Benzinpauschale zu. Aber nach unserer Auffassung wird eine Durchsetzung sozusagen ohne wirklichen Nachweis trotzdem eher schwierig sein. Aber folgende Entscheidungen können hier als Argumentationshilfe “gezogen” werden:
AG Berlin – Charlottenburg, abgedruckt in zfs 1989, 80
AG Regensburg, Urteil vom 14.06.2016, AZ: 3 C 1136/16
Aber ACHTUNG,
denn das OLG Düsseldorf hat sich in einer recht jungen Entscheidung zu folgendem, schwerlich nachvollziehbaren, Hinweis “hinreißen” lassen:
Verbleiben nach einem Totalschadensfall noch überdurchschnittlich große Mengen an Treibstoff im Fahrzeugtank und ist der Geschädigte mit deren unvergüteten Hingabe nicht einverstanden, dann ist es seine Aufgabe, den damit verbundenen wirtschaftlichen Wert selbst zu realisieren (Senat a.a.O.). Eine Realisationsmöglichkeit besteht darin, entweder eigenständig für das Abpumpen des noch vorhandenen Benzins Sorge zu tragen oder Dritte damit zu beauftragen (Senat a.a.O. mit Hinweis auf LG Darmstadt, Urteil vom 24. Juli 1990, Az.: 17 S 388/89). Sollte der Behauptung des Klägers entsprechend der mit einer Fremdbesorgung zu erwarten gewesene Kostenaufwand den Sachwert des Resttreibstoffs überstiegen haben, so hätte sich für ihn folgende Verwertungsmöglichkeit angeboten: Er hätte mit dem Käufer des Unfallfahrzeugs separat eine Erhöhung des Kaufpreises aushandeln können (vgl. Senat a.a.O.). Dies wäre ihm ohne Weiteres möglich gewesen, da im Gutachten M. der Restwertaufkäufer mit dem höchsten Gebot von 300 Euro mit Firmenbezeichnung, Ortsangabe und Telefonnummer aufgeführt ist (Bl. 9 d.a.).
(Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2017, I-1 U 46/16)