Hier eine wirklich interessante und spannende (aktuelle) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage…
Wann ist ein Verkehrszeichen überhaupt sichtbar?
Hintergrund der Entscheidung:
Es ging um die Umsetzung eines Kraftfahrzeugs (Kosten 125 Euro) durch ein von der Behörde beauftragtes Abschleppunternehmen. Der Betroffene hatte sein Fahrzeug in Berlin in einem Straßenabschnitt geparkt, wo wegen eines am nächsten Tag stattfindenden Straßenfestes durch vorübergehend angebrachte Verkehrszeichen ein absolutes Haltverbot (Zeichen 283) ausgeschildert war. Der Betroffene hatte hiergegen vorgebracht, dass mit einem raschen und beiläufigen Blick das Verkehrszeichen nicht erkennbar gewesen sei; daher seien die Haltverbote nicht wirksam bekanntgemacht worden.
Das BVerwG fasst in einer Pressemitteilung die Entscheidung so zusammen:
Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht,
… und jetzt kommt das Entscheidende …
wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind,
dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen
während der Fahrt
oder durch einfache Umschau beim Aussteigen
ohne weiteres erkennen kann,
dass ein Gebot oder Verbot durch Verkehrszeichen verlautbart wurde.
Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht.
Quelle:
Bundesverwaltungsgericht / Pressemitteilung / BVerwG, Urteil vom 10.04.2016 – 3 C 10.15
Natürlich ist das immer eine Sache des Einzelfalles, aber das Bundesverwaltungsgericht macht deutlich, dass es immer noch um logisches und “normales” Verhalten geht und irgendwann die Grenze dessen überschritten ist, was einem “normalen” Verkehrsteilnehmer (rechtlich wird immer von einem “durchschnittlichen” gesprochen) abzuverlangen ist.
Vor diesem Hintergrund ist das Verfahren aber nun noch einmal an die Vorinstanz zurückgegangen, da noch zu klären ist, in welcher Höhe und Ausrichtung das Verkehrszeichen angebracht war (denn dazu hatte die Vorinstanz keine Feststellungen getroffen).
Das OVG als Vorinstanz hatte in der nun (zunächst) aufgehobenen Entscheidung im übrigen die Auffassung vertreten, es gebe eine Nachschaupflicht auch ohne Anlass. Dem jedenfalls hat das BVerwG schon einmal eine Absage erteilt.