Immer wieder ist es eine leidige Diskussion mit den Versicherern, für welchen Zeitraum einem Geschädigten Nutzungsausfall zusteht. Und hier nun ein Beispiel des hiesigen Amtsgerichtes Rostock, wie es richtig geht.
Amtsgericht Rostock, Urteil vom 07.10.2016, 47 C 120/16
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung, dessen übrigen Voraussetzungen hier ebenfalls unstrittig sind, beschränkt sich auf die für die Reparatur notwendige Zeit (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 249 Rn. 37, 41). Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der die Schadensbeseitigung nicht vorfinanzieren kann und den Unfallgegner frühzeitig hierauf hinweist, hat Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung auch für die Zeit, in der sich die Wiederbeschaffung verzögert, weil der Haftpflichtversicherer des Schädigers trotz des Hinweises des Geschädigten den ihm zustehenden Prüfungszeitraum für seine Regulierungsentscheidung ausschöpft (LG Saarbrücken NJW 2014, 2292). So ist es hier. Der Kläger wies die Beklagte darauf hin, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Reparaturkosten vorzufinanzieren. Die Zeit für die Ermittlung des Schadens durch Vorlage des Gutachtens (vgl. insoweit OLG Düsseldorf DAR 2006, 269) und die nachfolgende Zeit bis zur Abgabe der Haftungsübernahme bzw. der Übernahme der Reparaturkosten stellt daher ebenfalls einen Zeitraum dar, für den der Kläger Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung hat.
Grundsätzlich ist es Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet,
den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen
oder zur Vermeidung von Folgeschäden einen Kredit aufzunehmen.
Vielmehr hat der Schädiger grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat. Nur ausnahmsweise kann daher eine Pflicht des Geschädigten zur Vorfinanzierung bejahrt werden, wenn er über ausreichende Mittel verfügt oder sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann, ohne dass er damit über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Die Annahme der Vorfinanzierung muss im Einzelfall von der Sache her geboten erscheinen und dem Geschädigten auch zuzumuten sein. Die bloße Möglichkeit der Vorfinanzierung rechtfertigt alleine nicht die Annahme eines anspruchsmindernden bzw. anspruchsausschließenden Mitverschuldens. Vielmehr ist es erforderlich, dass dem Geschädigten unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben schadensmindernde Maßnahmen zumutbar sind (OLG Köln NJW-RR 2012, 113 m. w. N., herrschende Meinung, vgl. auch OLG Düsseldorf DAR 2012, 253; NJW-RR 2012, 30; Verkehrsrecht aktuell 2007, 22; Schaden-Praxis 2009, 298; OLG Brandenburg Schaden-Praxis 2011, 141; Verkehrsrecht aktuell 2013, 20; LG Saarbrücken a.a.O.; LG Görlitz DV 2014, 176).
Die vorgenannten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mitverschuldens sind von der Beklagten zu beweisen (BGH NJW 2007, 1063; 2014, 217; OLG Köln a.a.O.). Hierbei trifft den Geschädigten bezüglich der tatsächlichen Grundlagen der von ihm behaupteten Finanzierungsschwierigkeiten eine sekundäre Darlegungslast. Dieser kam der Kläger in ausreichendem Umfang nach.
…
Der Kläger war allerdings nicht verpflichtet, bereits bei der Geltendmachung des Schadens im Oktober 2015 Details zu seinen Vermögensverhältnissen zu offenbaren (OLG Dresden vom 30.06.2010, Az.: 7 U 313/10, 7 U 0313/10; AG Oranienburg vom 18.12.2014, Az.: 21 C 197/14).
Fazit:
Alles richtig gemacht, aber wichtig ist der richtige “Einstieg” mit dem entsprechenden (vollumfänglichen) Hinweis an den Versicherer.