Mobile Halteverbotsschilder und Vorlaufzeit nur 48 Stunden ?
Gut zu lesen, wenn auch sicherlich für den ein oder anderen schwierig nachzuvollziehen, sind die Gründe einer aktuellen Entscheidung des OVG NRW zur Frage, wann denn die Aufstellung von mobilen Halteverbotsschildern “rechtzeitig” ist und wann eine Abschleppmaßnahme unter diesem Blickwinkel rechtmäßig ist.
Und bereits der Leitsatz sagt dann (fast) alles…
Der Umstand, dass Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs aufgestellt worden sind, steht der Verhältnismäßigkeit der Belastung des Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs aus dem Halteverbot im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Halteverbotsschilder und der Abschleppmaßnahme eine Frist von 48 Stunden verstrichen ist.
Interessant kommen dann auch die Entscheidungsgründe daher…
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Zuletzt hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen, die der Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt, präzisiert. Danach äußern Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Gebot oder Verbot durch Verkehrszeichen verlautbart wurde. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht.
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Eine Unverhältnismäßigkeit auch der Belastung der Klägerin mit den Kosten der Abschleppmaßnahme ergibt sich im Weiteren nicht daraus, dass der Zeitraum zwischen dem Aufstellen der mobilen Halteverbotsschilder und dem Abschleppen des Fahrzeugs zu kurz bemessen gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats steht der Umstand, dass Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden sind, der Verhältnismäßigkeit (auch) der Kostenbelastung des Halters im Regelfall – der hier mangels besonderer Umstände vorliegt – nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Schilder und dem Abschleppen – wie hier – eine Frist von 48 Stunden verstrichen ist.
Sofern es sich nicht um besonders dringliche Angelegenheiten handelt, lassen Maßnahmen, die – wie Straßenbauarbeiten und Sondernutzungen (etwa private Bauarbeiten, Umzüge, Straßenfeste) – die Einrichtung eines Halteverbots notwendig machen, regelmäßig einen zeitlichen Vorlauf von 48 Stunden zu. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt werden, ist eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen wird. Eine Frist von 48 Stunden ist grundsätzlich ausreichend, um Fahrzeughalter vor überraschenden Abschleppmaßnahmen mit dem Folgeaufwand an Zeit und Geld zu bewahren. Eine derartige Vorlaufzeit deckt typische kürzere Abwesenheitszeiten – wie etwa an Wochenenden – ab.
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Der Senat geht dabei davon aus, dass das Risiko, das sich in Konstellationen der vorliegenden Art verwirklicht, der Sphäre des Fahrzeugeigentümers bzw. -führers zuzuordnen ist. Der ruhende Verkehr einschließlich des Dauerparkens gehört zwar generell zu den straßenverkehrsrechtlich erlaubten Formen der Teilnahme am Straßenverkehr.
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Die Erwartung, im öffentlichen Verkehrsraum an einer bestimmten Stelle für einen längeren Zeitraum parken zu können, ist rechtlich jedoch nicht geschützt. Dies folgt aus dem Umstand, dass nicht der ruhende, sondern primär der fließende Verkehr die notwendigen Regelungsinstrumentarien prägt, die entsprechend den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs vielfältigen Situationen gerecht werden und deshalb flexibel einsetzbar, insbesondere kurzfristig veränderbar sein müssen. Ein entsprechend flexibles Verhalten ist von allen Verkehrsteilnehmern, also auch von den Teilnehmern am ruhenden Verkehr zu verlangen. Auch sie müssen stets den Eintritt von Situationen in Rechnung stellen, die einer längerfristigen, ungehinderten Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraumes entgegenstehen.
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Dass die vom Bundesverwaltungsgericht als (jedenfalls) angemessen angesehene Vorlaufzeit zugleich als zwingend einzuhaltende Mindestvorlauffrist verstanden werden müsste, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Damit hat es nicht ausgeschlossen, dass eine auf 48 Stunden bemessene Vorlaufzeit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt.
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Der Senat hält auch in Anbetracht dessen an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass andere Obergerichte in Anknüpfung an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen davon ausgehen, dass im Regelfall unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Kosten für das Abschleppen eines ursprünglich rechtmäßig geparkten Fahrzeugs aus einem später eingerichteten Halteverbot nur bei Einräumung einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen, d. h. beim Entfernen des Fahrzeugs erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder, vom Fahrzeugverantwortlichen verlangt werden können.
Quelle: OVG NRW vom 13.09.2016, 5 A 470/14
Und das