OLG Frankfurt gibt 1/3 Mitschuld dem Auffahrenden
Hier das Urteil mit Tatbestand und Gründen
OLG Frankfurt am Main, 16.08.2001 – 3 U 160/00
Tatbestand (auszugsweise):
Die Klägerin hat vorgetragen,
Entscheidungsgründe (auszugsweise):
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.Was den Haftungsgrund betrifft, so hat das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, eine Mithaftung der Klägerin in Höhe von 1/3 bejaht. Die diesbezüglichen Einwände in der Berufungsinstanz rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht.
Die Mithaftung der Klägerin ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr (§ 7 Abs. 2 StVG) und des mitwirkenden Verschuldens.
Zum einen ist die Klägerin unaufmerksam gefahren. Dies folgt daraus, dass das klägerische Fahrzeug gemäß den unbestrittenen Feststellungen im unfalltechnischen Gutachten des Büro … (Bl. 15 d.A.) in das verunfallte Fahrzeug ohne jeden Brems- oder Ausweichversuch hineingefahren ist. Zum anderen hat die Klägerin schuldhaft gegen § 3 Abs. 1 S. 4 StVO verstoßen, auch wenn man von ihrer Darstellung ausgeht, die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs habe 130 km/h betragen. Eine solche Geschwindigkeit entspricht im vorliegenden Fall der Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung nicht, da sich diese auf die Empfehlung beschränkt, auf Autobahnen auch bei g ü n s t i g e n Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Witterungsverhältnissen nicht schneller als 130 km/h zu fahren (vgl. BGH VersR 92, 714). Derartige günstige Sichtverhältnisse lagen aber vorliegend wegen der bestehenden Dunkelheit gerade nicht vor. Auch im Spätsommer ist es um 4.05 Uhr zumindest noch weitgehend dunkel. Dementsprechend fuhr die Klägerin mit Abblendlicht und hebt selbst darauf ab, sie habe das unbeleuchtete Hindernis wegen der Dunkelheit nicht erkennen können. Mithin kann sich die Klägerin im vorliegenden Fall auf die empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130 km/h nicht berufen.
Im Übrigen durfte die Klägerin gemäß § 3 Abs. 1 S. 4 StVO nur so schnell fahren, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten konnte.
Die übersehbare Strecke war vorliegend zusätzlich beschränkt, da die Klägerin unstreitig mit Abblendlicht gefahren ist. Zwar enthält die Regelung des § 18 Abs. 6 der StVO für das Fahren auf Autobahnen mit Abblendlicht gewisse Erleichterungen; diese Regelung beinhaltet jedoch keine Ausnahme von § 3 Abs. 1 S. 4 (früher S. 3) der Straßenverkehrsordnung, sondern bringt nur die besonderen Umstände auf Autobahnen in diese „goldene Regel“ ein. Die in § 18 Abs. 6 StVO genannten Voraussetzungen sind im Übrigen vorliegend nicht gegeben. Weder befand sich vor dem klägerischen Fahrzeug ein vorausfahrendes Fahrzeug mit klar erkennbaren Schlussleuchten; noch war der Fahrbahnbereich durch besondere Lichtquellen oder das Fahrzeuglicht anderer Fahrzeuge zusätzlich besonders ausgeleuchtet. Mithin durfte die Klägerin nur so schnell fahren, dass sie innerhalb des Lichtkegels des Abblendlichts hätte anhalten können. Dass dies bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h nicht möglich war, bedarf keiner besonderen Begründung (vgl. dazu auch OLG Köln, VersR 96,209) und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Dass viele Autofahrer sich an die genannten Grundsätze nicht halten, wie die Berufung meint, kann die Klägerin zweifellos nicht entlasten.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, 16.08.2001 – 3 U 160/00