Freie Fahrt für die Auswahl des Gutachters auch beim Preis
Was ist, wenn der Versicherer vor Beauftragung eines eigenen Gutachters dem Geschädigten mitteilt, dass man einen höheren Betrag als 280 EUR nicht für die Gutachterkosten erstatten wird, weil die Sachverständigenorganisation … Gutachten zu diesem Pauschalpreis macht?
Nur die Ruhe … muss hier erwidert werden … “Herr(in)” im Ring ist und bleibt die/der Geschädigte … also nur nicht verunsichern lassen …
und das Amtsgericht München bringt es aktuell knallhart auf den Punkt und führt wörtlich (leicht gekürzt) aus …
Vielmehr stand es der Klägerin frei, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen. Dabei war sie auch nicht auf die Sachverständigen aus dem von der Beklagtenseite genannten Sachverständigenverbund … beschränkt. Vielmehr ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung grundsätzlich frei. Er darf zur Schadensbehebung grundsätzlich den Weg wählen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint.
Daraus ergibt sich zwanglos, dass die Geschädigte das Recht zur freien Wahl eines Sachverständigen Ihres Vertrauens hat und sich nicht auf von der Beklagtenseite vorgeschlagene Sachverständige verweisen lassen muss. Dies gilt gerade bei der Auswahl eines Sachverständigen umso mehr, als das Sachverständigengutachten den Geschädigten erst in die Lage versetzt, seinen Schaden der Höhe und dem Umfang nach sinnvoll geltend zu machen. Der gesamte Anspruch auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall steht und fällt für den Geschädigten mit dem eingeholten Schadensgutachten und dessen Vertrauenswürdigkeit.
Dieses grundlegende Recht des Geschädigten würde weitgehend entwertet, wenn er sich auf von seinem Schädiger benannte Sachverständige zur Feststellung seines Schadens verweisen lassen müsste.
Das AG München stützt sich übrigens bei seinen Ausführungen ausdrücklich auf die Vorgaben des BGH und dessen ständiger Rechtsprechung.
Quelle: AG München, Urteil vom 20.09.2017, 322 C 12124/17