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OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 19.9.2023 – 21 W 63/23
Rücknahme eines kombinierten Ehe- und Erbvertrags aus der amtlichen Verwahrung; Vertretungsbefugnis für Rückgabeverlangen
1. Das der Rückgabe der letztwilligen Verfügung aus der amtlichen Verwahrung vorangehende Herausgabeverlangen kann durch einen Bevollmächtigten gestellt werden.
2. Ein kombinierter Ehe- und Erbvertrag kann auch dann nicht aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen werden, wenn dieser aufgehoben wurde.
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OLG Hamm, Beschluss vom 19.07.2023, 10 U 58/21
Eine testamentarische Verfügung mit der Bedingung, dass die Tochter das Wohnhaus nur dann erbt, wenn deren Lebensgefährte das Haus nicht mehr betritt, ist nichtig. Ein solches Hausverbot ist sittenwidrig.
Zu den Hintergründen siehe:
Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.07.2023
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 27.06.23, 1 W 2/23
Erbfolgenachweis gegenüber Grundbuchamt
Der Nachweis der Erbfolge kann gegenüber dem Grundbuchamt mit der beglaubigten Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses geführt werden. Die formellen Voraussetzungen an eine solche beglaubigte Abschrift folgen aus dem Unionsrecht. Das nationale (Grundbuch-)Recht gebietet keine strengeren Anforderungen.
BGH, Beschluss vom 17.05.2023 – IV ZR 344/22
Geltendmachung einer Versicherungsleistung durch gesetzlichen Erben nach § 160 Abs. 4 VVG
Ein Beitragserhöhungsschreiben, das neben den maßgeblichen Rechnungsgrundlagen im Sinn des § 203 Abs. 2 S. 3 VVG die konkrete Tarifbezogenheit herstellt und die Relevanz eines vorgegebenen Schwellenwerts aufzeigt, genügt den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG.
Die Frage, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, und die Folgefrage, ob der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft die Frage der Wirksamkeit der Beitragsanpassung nicht, sondern ist Teil der aufsichtsrechtlichen Aufgaben des Treuhänders.
BGH, Beschluss vom 26.04.2023, IV ZB 11/22
Bindungswirkung eines Urteils über Erbunwürdigkeit
Ein die Erbunwürdigkeit aussprechendes Urteil gemäß §§ 2342 , 2344 BGB hat auch dann Bindungswirkung für ein Erbscheinsverfahren, wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt.
BGH, Beschluss vom 22.03.2023, IV ZB 12/22
Irrtum bei Erbausschlagung
Irrt sich der eine Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
BGH, Beschluss vom 08.02.2023, IV ZB 16/22
Amtsermittlung beim Erbscheinsantrag
Ein Erbscheinsantrag ist nicht unzulässig, wenn der Antragsteller vom Gesetz geforderte Beweismittel ohne Verschulden nicht angibt. Stattdessen setzt die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gemäß § 2358 BGB a.F., § 26 FamFG ein.
AG Köln, Urteil vom 09.01.2023, 203 C 144/22
Erbauseinandersetzung, Kauf bricht nicht Miete, Übergang von Nutzungen und Lasten, Besitzübergang, Ermächtigung zur Kündigung
§566 BGB findet auf die Erbauseinandersetzung weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
Eine Vereinbarung zum Übergang von Lasten und Nutzungen enthält keine Ermächtigung des Erwerbers zur Ausübung von Gestaltungsrechten (hier: dem Ausspruch der Kündigung).
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.12.2022, 15 U 293/20
Verjährung und Verjährungsbeginn des Vermächtnisanspruchs bei unklarer Testamentsauslegung
Mit Kenntnis eines (wenn auch auslegungsbedürftigen) Testaments beginnt die Verjährung eines Vermächtnisanspruchs. Dabei ist unbeachtlich, wenn sich der Vermächtnisnehmer zunächst irrig für einen (Mit-)Erben hält und daher irrig (und fälschlich) einen Erbscheinsantrag stellt.
BGH, Urteil vom 30.11.2022, IV ZR 60/22
Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach Ausschlagung seines Erbteils
Einem Pflichtteilsberechtigten steht auch nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu.
OLG Koblenz, Beschluss vom 01.03.2022, 15 U 1409/21
Interessenwiderstreit / Interessenkollision?
Es besteht kein Interessenwiderstreit im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO, wenn ein Rechtsanwalt für den Pflichtteilsberechtigten und den Alleinerben die in ihrem Miteigentum stehenden Immobilien veräußert und deren gemeinsame Verbindlichkeiten sowie den Nachlass(bestand) klärt, da insoweit die Interessen beider Auftraggeber (Mandanten) gleichgerichtet sind. Die nur bloße Möglichkeit eines späteren Interessenkonflikts steht dieser gemeinsamen Vertretung auch nicht entgegen.
AG Hameln, Beschluss vom 24.02.2022, 18 VI 135/21
Erbschein; fehlendes Testament; testamentarischer Erbschein ohne Testament; eigenhändiges Testament; Widerruf eines Testaments
Für die Ausstellung eines Erbscheins nach testamentarischer Erbfolge ist es nicht erforderlich, dass das Testament als körperliche Urkunde vorliegt.
Ausreichend ist, dass das Nachlassgericht zur sicheren Überzeugung gelangt, dass der Erblasser ein formgültiges Testament erstellt hat.
Der Vortrag, dass ein formwirksames Testament wirksam vom Erblasser widerrufen wurde, muss als rechtsvernichtende Tatsache von dem bewiesen werden, der sich auf die Unwirksamkeit des Testaments beruft.
BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 – IV ZB 15/16
Zur ergänzenden Testamentsauslegung
Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.