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BGH, Beschluss vom 22.03.2023, IV ZB 12/22
Irrtum bei Erbausschlagung
Irrt sich der eine Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
BGH, Beschluss vom 08.02.2023, IV ZB 16/22
Amtsermittlung beim Erbscheinsantrag
Ein Erbscheinsantrag ist nicht unzulässig, wenn der Antragsteller vom Gesetz geforderte Beweismittel ohne Verschulden nicht angibt. Stattdessen setzt die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gemäß § 2358 BGB a.F., § 26 FamFG ein.
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.12.2022, 15 U 293/20
Verjährung und Verjährungsbeginn des Vermächtnisanspruchs bei unklarer Testamentsauslegung
Mit Kenntnis eines (wenn auch auslegungsbedürftigen) Testaments beginnt die Verjährung eines Vermächtnisanspruchs. Dabei ist unbeachtlich, wenn sich der Vermächtnisnehmer zunächst irrig für einen (Mit-)Erben hält und daher irrig (und fälschlich) einen Erbscheinsantrag stellt.
BGH, Urteil vom 30.11.2022, IV ZR 60/22
Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach Ausschlagung seines Erbteils
Einem Pflichtteilsberechtigten steht auch nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu.
OLG Koblenz, Beschluss vom 01.03.2022, 15 U 1409/21
Interessenwiderstreit / Interessenkollision?
Es besteht kein Interessenwiderstreit im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO, wenn ein Rechtsanwalt für den Pflichtteilsberechtigten und den Alleinerben die in ihrem Miteigentum stehenden Immobilien veräußert und deren gemeinsame Verbindlichkeiten sowie den Nachlass(bestand) klärt, da insoweit die Interessen beider Auftraggeber (Mandanten) gleichgerichtet sind. Die nur bloße Möglichkeit eines späteren Interessenkonflikts steht dieser gemeinsamen Vertretung auch nicht entgegen.
AG Hameln, Beschluss vom 24.02.2022, 18 VI 135/21
Erbschein; fehlendes Testament; testamentarischer Erbschein ohne Testament; eigenhändiges Testament; Widerruf eines Testaments
Für die Ausstellung eines Erbscheins nach testamentarischer Erbfolge ist es nicht erforderlich, dass das Testament als körperliche Urkunde vorliegt.
Ausreichend ist, dass das Nachlassgericht zur sicheren Überzeugung gelangt, dass der Erblasser ein formgültiges Testament erstellt hat.
Der Vortrag, dass ein formwirksames Testament wirksam vom Erblasser widerrufen wurde, muss als rechtsvernichtende Tatsache von dem bewiesen werden, der sich auf die Unwirksamkeit des Testaments beruft.
BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 – IV ZB 15/16
Zur ergänzenden Testamentsauslegung
Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.