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Hier aber erst einmal der für einen Laien eher schwer lesbare Gesetzestext:
- § 23 Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden
(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
- hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
- entweder
- a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
- b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.
(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für
- ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
- den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
- stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).
Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne.
Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
- die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, oder
- die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen.
Rechtsprechung nach der Neufassung des § 23 Abs. 1 a StVO
Thema Taschenrechner:
OLG Braunschweig vom 03.07.2019, 1 Ss (OWi) 87/19
Ein Taschenrechner, welcher über eine Speicherfunktion verfügt, ist ein elektronisches Gerät, das der Information dient oder zu dienen bestimmt ist, im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.
Aus den Gründen:
Erfasst werden nunmehr sämtliche „elektronische Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind“. Die Aufzählung in § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO ist nach dem Willen des Verordnungsgebers lediglich beispielhaft und bewusst nicht abschließend (BR-Drs. 556/17, S. 27), sondern „technikoffen“, um etwaige Neuentwicklungen ebenfalls erfassen zu können (BR-Drs. 556/17, S. 3 und 27). Den Begriff des elektronischen Gerätes selbst definiert der Verordnungsgeber nicht, erfasst sein sollen insbesondere aber auch
sämtliche Handys, Smartphones, BOS- und CB-Funkgeräte und Amateurfunkgeräte, auch solch mit reinem push-to-talk-Modus, Tablet-Computer, Touchscreens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte, E-Book-Reader, MP3-Player, Personal Computer, DVD- und Blu-Ray-Player, CD-Rom-Abspielgeräte, Smartwatches, Walkman, Discman und Notebooks (BR-Drs. 556/17, S. 27).
Und dann aktuell und höchstrichterlich:
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2020, 4 StR 526/19
Taschenrechner am Steuer verboten
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Taschenrechner der Regelung des § 23 Abs. 1a StVO unterfällt, weil es sich um ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift handelt, das der Information dient. Am Steuer darf ein Taschenrechner daher nicht benutzt werden.
Thema Smartkey (elektronischer Fahrzeugschlüssel mit Display):
OLG Hamm, Beschluss vom 11.05.2021, 5 RBs 94/21
Ein elektronischer Fahrzeugschlüssel mit Display (SmartKey) stellt ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO dar.
Quelle → VOLLTEXT / OLG HAMM / 5 RBs 94/21
Thema “nur” Halten:
OLG Stuttgart, Beschluss vom 3.1.2019, 2 Rb 24 Ss 1269/18
Das bloße Halten eines in § 23 Abs. 1a StVO n.F. definierten elektronischen Gerätes in der Hand ohne Inanspruchnahme einer gerätespezifischen Bedienfunktion stellt keine Benutzung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Nicht das Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes als solches wird untersagt, sondern – wie das zweckgerichtete Tatbestandsmerkmal „hierfür“ verdeutlicht – allein dessen bestimmungsgemäße Verwendung.
Eine dem Wortlaut der Vorschrift entgegenstehende Intention des Verordnungsgebers, bereits das bloße Halten eines elektronischen Gerätes während des Führens eines Fahrzeugs, ohne dass es auf den Grund des Haltens ankommt, als Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. anzusehen, lässt sich entgegen dem missverständlichen Leitsatz des Oberlandesgerichts Oldenburg in seiner Entscheidung vom 25. Juli 2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 – (SVR 2018, 434) nicht der Begründung des Entwurfs der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BR-Drucksache 556/17) entnehmen.
Den Verordnungsmaterialien lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers z.B. in dem bloßen Aufheben oder Umlagern eines elektronischen Gerätes ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. gesehen werden kann. Bei einer solchen Handhabung würde jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion fehlen und es wäre auch nicht einsichtig, eine solche funktionsneutrale Tätigkeit bei einem Mobiltelefon oder einem anderen elektronischen Gerät anders zu beurteilen als bei sonstigen im Fahrzeug mitgeführten Gegenständen (bezüglich des Aufhebens oder Umlagerns eines Mobiltelefons vgl. OLG Düsseldorf in NZV 2007, 95; OLG Köln in NZV 2005, 547). Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Verordnungsgeber zwar alternativ mit einem vollständigen Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt auseinandergesetzt, dahingehende Überlegungen aber unter Berücksichtigung des Übermaßverbotes verworfen hat.
Ergänzender Hinweis:
Andere OLG sehen dies auch so und kritisieren das OLG Oldenburg – siehe hierzu weiter unten:
OLG Celle, Beschluss vom 07.02.2019 – 3 Ss (OWI) 8/19
OLG Brandenburg vom 18.02.2019 – 53 Ss-OWI 50/19
OLG Jena, Beschluss vom 13.10.2021 – 1 OLG 121 SsRs 55/21
Ebenso, aber mit Differenzierungen auch
OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2019, 4 RBs 30/19
Das bloße Halten eines elektronischen Geräts während des Führens eines Fahrzeugs, erfüllt noch nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO. Es bedarf vielmehr zur Erfüllung dieses Tatbestands einer Benutzung dieses Geräts.
Aber:
Auf den Lichtbildern ist für den Senat deutlich zu erkennen, dass der Fahrer des LKW ein Mobiltelefon in der linken Hand und an sein linkes Ohr hält. Dies lässt bereits den sicheren Schluss zu, dass der Betroffene das Mobiltelefon nicht nur gehalten, sondern auch eine Funktion des Gerätes, die der Kommunikation, der Information oder der Organisation diente bzw. zu dienen bestimmt war, genutzt hat. Bereits aus der eindeutigen und beispielsweise für ein Telefonieren bzw. Abhören einer Sprachnachricht typischen Art und Weise, wie das Mobiltelefon hier gehalten wird, kann der sichere Rückschluss auf die Nutzung einer Bedienfunktion gezogen werden. Insbesondere ist die Wahrnehmung von Sprechbewegungen für die Annahme einer solchen Nutzung nicht zwingend erforderlich. Für die Annahme eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO bedarf es auch keiner weiteren Feststellungen, welche Bedienfunktion konkret verwendet wurde (vgl. OLG Celle, a.a.O., Rn. 16). Ein bloßes Halten – insbesondere im Sinne eines Aufhebens oder Umlagerns – oder eine zweckentfremdete Nutzung des Mobiltelefons schließt der Senat vorliegend sicher aus.
Und (sich glücklicherweise selbst korrigierend)
OLG Oldenburg vom 17.4.2019 – 2 Ss (OWi) 102/19
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 a StVO n. F. erfordert, anders als in der Entscheidung des Senats vom 25.7.2018 (2 Ss (OWi) 201/18) ausgeführt, eine Nutzung des Gerätes.
Thema “nur Umlagern”:
OLG Karlsruhe vom 18.04.2023 – 1 ORbs 33 Ss 151/23
Smartphone darf – wenn ausschließlich dafür aufgenommen – umgelagert werden
Der Führer eines Kraftfahrzeugs verstößt auch dann nicht gegen § 23 Abs. 1a StVO, wenn er während der Fahrt ein Smartphone, mit dem er gerade ein Gespräch über eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs führt, ausschließlich zu dem Zweck aufnimmt, um es – etwa zum Schutz vor Beschädigungen – umzulagern.
Thema “Halten” (mit Bedienung) im Sinne von “Nicht-in-der-Hand-Halten”:
BayObLG, Beschluss vom 10.01.2022 – 201 ObOWi 1507/21
Verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons bei Ablegen auf Oberschenkel (und Tippen der Wahlwiederholung)
Die verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch ein Halten i.S.v. § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO liegt nicht nur dann vor, wenn dieses mit der Hand ergriffen wird, sondern auch dann, wenn es auf dem Oberschenkel abgelegt – und bedient (hier: kurzes Tippen der Wahlwiederholung mit dem Finger) – wird.
Aus den Gründen:
… von daher erscheint es geboten, fahrfremde Tätigkeiten wie das Halten und Benutzen eines elektronischen Geräts auf dem Oberschenkel, bei dem ebenfalls die Gefahr der Ablenkung des Fahrzeugführers verbunden mit einer körperlich eingeschränkten Bewegungssituation gegeben ist, als verboten anzusehen, nachdem dies der Wortlaut der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO als äußerste Auslegungsgrenze hier zulässt (so zutreffend OLG Köln a.a.O. für die Nutzung eines vom Fahrzeugführers während der Fahrt zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefons).
Vom Wortsinn her bedeutet „Halten“ demnach einerseits „festhalten“ und andererseits „bewirken, dass etwas in seiner Lage, seiner Stellung oder Ähnlichem bleibt“ (www.duden.de „halten“, Bedeutungen). Demnach liegt ein Halten nicht nur dann vor, wenn ein Gegenstand mit der Hand ergriffen wird, sondern etwa auch dann, wenn ein elektronisches Gerät bei der Nutzung zwischen Schulter und Ohr (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.12.2020 – 1 RBs 347/20 = NZV 2021, 275; AG Coesfeld, Urt. v. 20.04.2018 – 3b OWi – 89 Js 2030/17-306/17 = DAR 2018, 640) bzw. zwischen Oberschenkel und Lenkrad fixiert wird (König DAR 2020, 362, 372). Darüber hinaus ist ein Halten aber auch dann gegeben, wenn ein in § 23 Abs. 1a StVO genanntes Gerät in sonstiger Weise mit Hilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibt. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Rechtsbeschwerde zutreffend darlegt, kann ein Mobiltelefon während der Fahrt, verbunden mit den damit einhergehenden Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen, nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben, sondern es bedarf bewusster Kraftanstrengung, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfällt. Auch dieses durch menschliche Kraftanstrengung bewirkte Ausbalancieren unterfällt dem Begriff des Haltens.
Quelle → VOLLTEXT / BayObLG / 10.01.2022 / 201 ObOWi 1507/21
Thema Einklemmen zwischen Schulter und Ohr:
AG Coesfeld vom 20.04.2018, 3 b OWI – 89 Js 2030/17 – 306/17
Die Benutzung des Mobiltelefons im Sinne dieser Vorschrift durch ein Halten oder Aufnehmen ist nach Auffassung des Gerichts auch durch ein Einklemmen des Mobiltelefons zwischen Schulter und Ohr erfüllt,
da auch durch diese Handhabung ebenfalls die verbotene Ablenkung des Verkehrsteilnehmers verbunden mit seiner körperlich eingeschränkten Bewegungssituation eintritt. Auch die hier anzuwendende neue Fassung des § 23 Abs. 1a StVO setzt nicht voraus, dass das Mobiltelefon mit der Hand aufgenommen oder gehalten wird. Es ist weiterhin nur die Rede von „aufgenommen“ oder „gehalten“, während im Hinblick auf die nun erfassten elektronischen Geräte zahlreiche Neuerungen und Ergänzungen erfolgt sind. Aus diesem Kontext heraus zeigt sich jedoch deutlich die Intention des Gesetzgebers, der weiterhin alle Verhaltensweisen sanktionieren will, die zu einer Ablenkung des Verkehrsteilnehmers durch elektronische Geräte führt. Bei den zugelassenen elektronischen Geräten nach § 23 Abs. 1a Nr. 2 a) und b) StVO fällt auf, dass diese nur erlaubt sind, wenn sie mit einer Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion ausgestattet sind und mit dieser benutzt werden oder nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät erforderlich ist. Ein längeres Berühren eines elektronischen Gerätes oder gar ein haltekrafterforderndes Tragen am Körper ist auch weiterhin nicht gestattet.
OLG Köln, Beschluss vom 04.12.2020, 1 RBs 347/20
Ein im Sinne von § 23 Abs. 1a S. 1 Ziff. 1 StVO tatbestandsmäßiges „Halten“ liegt auch vor, wenn das elektronische Gerät zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt wird.
Quelle → VOLLTEXT / OLG Köln / 04.12.2020 / 1 RBs 347/20
Thema Abschaltautomatik:
KG Berlin, Beschluss vom 23.08.2018, 3 Ws (B) 217/18, 3 Ws (B) 217/18 – 122 Ss 99/18
Die manuelle Abschaltung des Motors entspricht nicht dem „fahrzeugseitigen automatischen Abschalten des Motors“ im Sinne des § 23 Abs. 1b Satz 2 StVO.
Die dadurch entstehende Gesetzeslücke kann nicht durch Auslegung geschlossen werden (Art. 103 Abs. 2 GG).
interessant auch dazu
AG Essen, Urteil vom 17.01.2019 – 55 OWi 648/18
Nur 55 EUR und damit keine Punkte … während einer aktivierten Start-Stopp-Automatik
Die Benutzung eines Mobiltelefons eines Fahrzeugführers während einer aktivierten Start-Stopp-Automatikphase an einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage rechtfertigt nicht die Verurteilung des Betroffenen zu einer eintragungspflichtigen Geldbuße, wenn die Start-Stopp-Automatik aktiviert ist.
Hinweis:
Es ist sehr erfreulich, wenn ein Gericht von der Vorschrift des § 1 Abs. 2 BKatV Gebrauch macht, denn dieser sieht mögliche Ausnahmetatbestände vor, die eine Reduzierung der Regelgeldbuße (auch unter die “Eintragungsgrenze”) ermöglichen. Großartig, wenn Verteidigung und Gericht dieses gelungen ist!
Quelle: Beck-Verlag / Beck-RS 2019, 6488
Thema “Handyspange”:
AG FFM. vom 17.08.2021, 976 Owi 661 Js-Owi 51914/20
Die Einlassung des Betroffenen, es handele sich hierbei zwar um ein Mobiltelefon, der Betroffene würde das Mobiltelefon allerdings nicht selbstständig halten, sondern nur an eine sogenannte und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen „Handyspange“ andrücken, ist als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Unabhängig von der Frage, ob das Benutzen eines Mobiltelefons mit einer sogenannten „Handyspange“ unter den hiesigen Tatbestand fällt, ist eine solche in keinster Weise auf dem Lichtbild erkennbar. Weder sind die silbernen Spangen, die über den Kopf von einem zum anderen Ohr verlaufen, auf dem Lichtbild zu erkennen, noch ist der selbstklebende Halteknopf, der an der Außenseite des Mobiltelefons befestigt werden muss, um mit dem Gegenstück auf der „Handyspange“ verbunden werden zu können, zu sehen. Hätte der Betroffene eine solche „Handyspange“ tatsächlich getragen, dann müsste sie auf dem Lichtbild zu erkennen sein. Gegen die Benutzung mit einer „Handyspange“ spricht auch der Griff, mit dem der Betroffene das Mobiltelefon festhält. Soweit der Betroffene hier behauptet, er habe das Telefon nur in diesem Moment an die Halterung der „Handyspange“ angedrückt, so spricht das Umschließen des Randes des Mobiltelefons mit den Fingern des Betroffenen dafür, dass er das Telefon selbstständig hält und dies nicht durch eine „Handyspange“ getragen wird.
Thema Laser-Entfernungsmesser:
OLG Karlsruhe vom 05.10.2018, 2 Rb 9 Ss 627/18
Bei einem mit einem Messwertespeicher versehenen Laser-Entfernungsmesser handelt es sich um ein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO (aktuelle Fassung).
Und so war es:
… nahm der Betroffene, seiner Absicht entsprechend, während der Fahrt einen elektronischen Laser-Entfernungsmesser, den er für seine Arbeit als Elektriker benötigte, in die Hand, drückte eine Taste an dem Entfernungsmesser, um das Gerät zu aktivieren, und las sodann einen vor Fahrtantritt im Messwertespeicher des Geräts abgespeicherten Entfernungsmesswert auf dem Display des Geräts ab.
Thema Videotelefonie / Skypen und so:
AG Magdeburg vom 20.08.2018, 50 OWi 775 Js 15999/18 (332/18)
Es liegt eine Benutzung eines elektronischen Gerätes nach § 23 Abs. 1 a StVO vor, wenn ein Fahrzeugführer während der Fahrt ein Videotelefonat führt. Dies gilt auch, wenn die Verbindung vor Antritt der Fahrt hergestellt und das Handy am Armaturenbrett befestigt wurde.
Aus den Gründen:
Unzweifelhaft hat die Betroffene das im Armaturenbrett abgelegte bzw. aufgestellte Mobiltelefon weder aufgenommen noch gehalten (§ 23 Abs. 1a Nr. 1 StVO). Sie hat auch nicht ausschließlich die Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt (§ 23 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. a) StVO). Die Betroffene hat eingeräumt, Videotelefonie betrieben zu haben. Zu dieser Feststellung gibt auch die Bekundung des Zeugen B. Anlass. Dafür hat die Betroffene das Mikrofon und den Lautsprecher des Geräts zur Übertragung von Ton sowie die Kamera des Geräts zur Übertragung von Bewegtbildern genutzt. Dabei handelt es sich um typische Funktionen moderner Mobiltelefone, die sich nicht in der bloßen Nutzung der Sprachsteuerung und der Vorlesefunktion erschöpfen.
Daran gemessen, erfordert Videotelefonie grundsätzlich nicht ausschließlich eine kurze, sondern eine längere Blickabwendung. Videotelefonie ist nicht anders als Fernsehen zu bewerten, bei welchem die Konzentration des Konsumenten auf das Erfassen von Bewegtbildern gerichtet ist. Dasselbe ist bei Videotelefonie möglich, zumal der Konsument nicht wissen kann, was der Gesprächspartner filmt und zum Gegenstand der Bildübertragung macht. Das Ablenkungspotential ist sehr groß. Nicht vorhersehbare Bewegtbilder auf dem Empfangsgerät des Fahrzeugführers verlangen diesem eine erhebliche Konzentration ab. Eine vollständige Wahrnehmung der übertragenen Bilder und Töne lässt sich zu keiner Zeit mit einer “kurzen Blickabwendung” herbeiführen, so dass darin keine vorschriftsgemäße Nutzung liegen kann.
Quelle: aus ADAC-ADAJUR, Dok.Nr. 110792
Thema Halten mal anders:
KG Berlin vom 13.02.2019, 3 WS B 50/19-162 SS 20/19
Ordnungswidrigkeit bei Halten eines “heißgelaufenen” Handys vor Kühlung während Telefonats über Freisprechanlage
Das ist der entscheidende Leitsatz aus Berlin:
Bereits nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 1a StVO kommt es nicht darauf an, ob das elektrische Gerät für die Benutzung grundsätzlich in der Hand gehalten werden muss, sondern ob es tatsächlich in der Hand gehalten wurde.
Kritik zum “reinen” Halten kommt indes von den OLG Celle, Stuttgart und Brandenburg (siehe oben), mit Differenzierungen auch vom OLG Hamm.
Thema Funktionstaste:
KG Berlin vom 14.05.2019 – 3 Ws (B) 160/19 – 122 Ss 66/19
Das Betätigen einer Funktionstaste eines Mobiltelefons stellt auch dann ein tatbestandliches „Benutzen“ im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO dar,
wenn es nicht unmittelbar der Kommunikation dient, sondern klären soll, nachdem es zu Boden gefallen war, ob das Gerät noch funktioniert.
Denn das verwendete Gerät muss nach § 23 Abs. 1a StVO gerade nicht im konkreten Fall der „Kommunikation, Information oder Organisation“ dienen, sondern nur dazu geeignet sein.
Thema Uhr-Ablesen am Handy:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.01.2014 – 1 SsRs 1/14
Wird das Mobiltelefon aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt ein Verstoß gegen § 23 Ia StVO vor.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2014, 18414
Thema Mobiltelefon als Diktiergerät:
OLG Thüringen, Beschluss vom 31.05.2006 – 1 Ss 82/06
Eine „Benutzung eines Mobiltelefons“ i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO liegt nicht nur vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung, insbesondere auch beim Gebrauch als Diktiergerät.
Quelle → VOLLTEXT bei IWW
Thema “Und was ist mit der Smartwatch”?
Derzeit sind uns noch keine Urteile untergekommen, die sich damit auseinandergesetzt haben. Grundsätzlich besteht
kein “Verbot”, denn nach unserer Auffassung wäre der Tatbestand ja nur verwirklicht, wenn ein “elektronisches Gerät” … aufgenommen oder gehalten wird. Das dürfte schon denklogisch hier nicht greifen.
Problematisch könnte das indes werden, wenn im Zusammenhang mit einem Unfall die Frage der Ablenkung über eine “Bedienung” der Smartwatch ins Spiel kommen würde.
Thema E-Zigarette:
OLG Brandenburg vom 6.12.2021, 2 OLG 53 Ss-OWi 516/21
Die Ablehnung eines Beweisantrags auf Inaugenscheinnahme eines E-Zigarettengerätes mit der Begründung, bei lebensnaher Betrachtungsweise sei davon auszugehen, dass der Betroffene auf dem Fahrerfoto ein Mobiltelefon in der Hand hält und damit telefoniert, verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn der auf dem Foto erkennbare Gegenstand nicht ohne weiteres klar als Mobiltelefon identifiziert werden kann und eine für das Führen eines Telefonats typische Handhaltung des Betroffenen nicht zu erkennen ist (Ergänzung zu OLG Hamm BeckRS 2005, 30352107).
Aus den Gründen:
Dass das Messfoto „bei lebensnaher Betrachtungsweise“ die Benutzung eines Mobiltelefons zeigt, trifft ersichtlich nicht zu. Aufgrund des prozessordnungsgemäßen Verweises auf das betreffende Foto in den Urteilsgründen (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG) kann der Senat dieser Beurteilung aus eigener Anschauung treffen. Abgesehen davon, dass der auf der Abbildung erkennbare Gegenstand nicht ohne weiteres klar als Mobiltelefon identifiziert werden kann, ist entgegen der Annahme des Tatgerichts eine für das Führen eines Telefonats typische Handhaltung des Betroffenen darauf gerade nicht zu erkennen. Die Begründung, mit der das Amtsgericht angenommen hat, dass eine weitere Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei, ist angesichts dieser Sachlage nicht mehr verständlich und nachvollziehbar.
Quelle: Beck-Verlag / beck-online / BeckRS 2021, 48546
Thema Powerbank (im allgemeinen und besonderen):
OLG Koblenz vom 21.12.2020 – 2 OWi 6 SsRs 374/20
Powerbank als solche vs. Powerbank mit Touchscreen
1. Eine “Powerbank“ als solche ist kein elektronisches Gerät, das der Information dient, i. S. d. § 23 Abs. 1 a S. 1 StVO.
2. Eine “Powerbank” mit „Touchscreen“ fällt jedoch unter § 23 Abs. 1 a S. 2 StVO („Berührungsbildschirm“).
Quelle: NZV 2021, 540
Thema Powerbank und Ladekabel:
OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2019, 4 RBs 92/19
Mobiltelefon, Powerbank, Ladekabel, Geräteeinheit
Weder eine „Powerbank“ noch ein Ladekabel sind isoliert betrachtet jeweils ein elektronisches Geräte i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO.
Zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des Aufnehmens oder Haltens eines elektronischen Geräts genügt nicht jedwedes Aufnehmen oder Halten eines mit dem Mobiltelefon eingesteckten Ladekabels bzw. einer damit verbundenen „Powerbank“ im Sinne einer „Geräteinheit“.
Aus den Gründen:
Ungeachtet dessen, dass es sich bei Ladekabel und „Powerbank“ schon nicht um elektronische Geräte im Sinne der Vorschrift handelt, geht mit deren Nutzung während des Führens eines Fahrzeugs nicht zwangsläufig bzw. typischerweise eine vergleichbare, die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung einher wie dies bei der Nutzung der „klassischen“ elektronischen Geräte i.S.d. § 23 Abs. 1a StVG (z.B. Mobil- bzw. Autotelefon, Berührungsbildschirme, Tablet-Computer) der Fall ist. Dafür spricht, dass weder Ladekabel noch „Powerbank“ ein Display aufweisen, über das Informationen abgerufen und abgelesen werden können, was bei einer Nutzung durch den Fahrzeugführer wiederum typischerweise eine erhebliche Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zur Folge hat. Der Senat verkennt dabei nicht, dass im Einzelfall auch bei dem Verbinden eines Ladekabels mit einer „Powerbank“ eine erhebliche, die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung bestehen kann, wenn beide Gegenstände in die Hand genommen werden und der Fahrzeugführer deshalb die Hände nicht mehr für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Dies richtet sich jedoch maßgeblich nach den Umständen des Einzelfalls (z.B. Dauer des Vorgangs und Positionierung der Teile). Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es ausreichend, dass diese Nutzung nicht grundsätzlich unzulässig, sondern an § 1 StVO zu messen ist.
Thema konkrete Bedienung und Bedienfunktion (leuchtendes Display und so):
KG Berlin, Beschluss vom 14.8.2019 – 3 Ws (B) 273/19
Weder bedarf es im Bußgeldurteil der ausdrücklichen Feststellung, welche Bedienfunktion konkret genutzt worden ist, noch ist die Wahrnehmung von Sprechbewegungen für die Annahme einer Nutzung des Gerätes erforderlich.
Hält der Fahrer das Mobiltelefon während einer längeren Fahrstrecke mit der rechten Hand vor seinem Oberkörper, wobei ihm das leuchtende Display, das einen roten Punkt zeigt, zugewandt ist, liegt der Schluss nahe, dass er sein Mobiltelefon benutzt.
(Quelle u.a. BeckRS 2019, 18058, beck-online)
Thema Touchscreen (im Auto) und Co.:
OLG Karlsruhe vom 27.3.2020, 1 Rb 36 Ss 832/19
“Touchscreen“ im Fahrzeug als Gerät i.S.d. § 23 Abs. 1a S. 1, 2 StVO
Der fest im Fahrzeug der Marke Tesla eingebaute Berührungsbildschirm (Touchscreen) ist ein elektronisches Gerät i.S.d. § 23 Abs. 1a S. 1 u. 2 StVO, dessen Bedienung dem Kraftfahrzeugführer nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift gestattet ist, ohne dass es darauf ankommt, welchen Zweck der Fahrzeugführer mit der Bedienung verfolgt.
Auch die Einstellung der zum Betrieb des Kraftfahrzeugs notwendiger Funktionen über Touschscreen (hier: Einstellung des Wischintervalls des Scheibenwischers) ist daher nur gestattet, wenn diese mit einer nur kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepassten Blickzuwendung zum Bildschirm bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden ist.
Aus den Gründen:
Der fest in dem PKW der Marke Tesla fest installierte Berührungsbildschirm (Touchscreen), der nicht i.S.v. § 23 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 StVO aufgenommen oder in der Hand gehalten werden muss, ist ein elektronisches Gerät i.S.v. § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO, dessen Bedienung dem Kraftfahrzeugführer nur unter den Voraussetzungen von § 23 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 2 StVO gestattet ist.
Es stellt sich die Frage, ob die Nennung des Berührungsbildschirms in § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO ohne jegliche Einschränkungen bzgl. des Verwendungswecks dem Wortlaut gemäß soweit zu verstehen ist, dass auch die Bedienung originärer Funktionen eines Kraftfahrzeugs, wie etwa des Scheibenwischers, erfasst sein sollen.
Die Einbeziehung von jeglichen Berührungsbildschirmen hat damit die weitreichende Folge, dass ein Gerät auf jeden Fall ein elektronisches Gerät i.S.d. § 23 Abs. 1 StVO ist, wenn es über einen Touchscreen verfügt. Danach sind alle fahrzeugbezogenen Bedienungseinheiten mit Touchscreen erfasst. § 23 Abs, 1 a StVO könnte sich infolgedessen – möglicherweise vom Verordnungsgeber unbeabsichtigt – als limitierender Faktor für die zunehmende, aus Sicht der Verkehrssicherheit problematische Verwendung von Touchsreens in Kfz- Bedieneinheiten erweisen (Will, NJW 2019, 1633, 1635).
Der Kraftfahrzeugführer wird durch die Aufnahme von Berührungsbildschirmen in § 23 Abs. 1 a StVO a.F. auch nicht unverhältnismäßig bei der Bedienung seines Fahrzeugs eingeschränkt. § 23 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 StVO verbietet die Bedienung originärer Funktionen eines Kraftahrfahrzeugs durch Berührungsbildschirme nicht an sich, sondern gestattet sie unter den Voraussetzungen von Satz 1 Nr. 2 anders als in der Hand zu haltende Geräte, die gemäß Satz 1 Nr. 1 grundsätzlich verboten sind.
Sofern zur Bedienung und Nutzung des fest im PKW installierten Berührungsbildschirms nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist, darf das Gerät auch weiterhin vom Fahrzeugführer verwendet werden.
Zwar stellt der im Touchscreen des „Tesla“ eingebaute Geschwindigkeitsregler des Scheibenwischers selbst kein elektronisches Gerät dar, welches der „Kommunikation, Information oder Organisation“ dient (zur Definition dieser Merkmale, König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 23 StVO Rn. 31; Will NJW 2019, 1633 ff, 1635), sondern es handelt sich – worauf der Verteidiger zu Recht hinweist – um ein sicherheitstechnisches Bedienteil des Fahrzeugs. Dieses ist jedoch in den „Touchscreen“ des „Tesla“ fest eingebaut, welcher auch andere Funktionen beinhaltet, wie etwa ein der Information dienendes Navigationsgerät, so dass der Berührungsbildschirm auch aus verkehrstechnischen Sicherheitsgründen insoweit nur einheitlich betrachtet werden kann und von der Verbotsnorm nicht einzelne Anwendungen herausgenommen werden können.
Hinzu kommt, dass auch der weitere Inhalt der Vorschrift für eine solche weite Auslegung spricht, denn auch bei der in § 23a Abs. 1b Satz 3 StVO aufgeführten Rückwärtsfahrkamera handelt es sich um ein technisches Bedienteil, so dass die dort aufgeführte Sonderregelung nicht veranlasst gewesen wäre, wenn solche Bedienteile nicht unter den Anwendungsbereich der Norm fallen würden.
Thema “Wegdrücken” eines Anrufs:
OLG Hamm, Beschluss vom 26.09.2019, 4 RBs 307/19
Das “Wegdrücken” eines eingehenden Anrufs auf einem Mobiltelefon ist eine ordnungswidrige Nutzung desselben i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO.
Quelle → VOLLTEXT / OLG Hamm / Wegdrücken eines Anrufs
Thema “Scanner” eines Paketausliefers:
OLG Hamm, Beschluss vom 03.11. 2020, 4 RBs 345/20
“Mobilfunkverstoß” auch beim Scanner eines Paketauslieferers
Der Scanner eines Paketauslieferungsfahrers ist ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO.
Thema Werkstatt-Diagnosegerät
OLG Schleswig, Beschluss vom 28.03.2023, II ORbs 15/23
Anwendung des sog. „Handyverbots“ auf mobile Diagnosegeräte
Auch ein mit einem mobilen Diagnosegerät verbundenes Auslesegerät (Werkstatt-Diagnosegerät) kann unter das in § 23 Abs. 1a StVO enthaltene Verbot der Benutzung eines „elektronischen Geräts, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist“ fallen, wenn dieses Gerät beim Führen eines Fahrzeugs aufgenommen oder gehalten wird.
Hintergrund: Ein Kfz-Mechaniker hatte als Führer eines Kundenfahrzeuges ein via Bluetooth mit einem Diagnosegerät verbundenes mobiles Auslesegerät in der Hand gehalten, um so während der Fahrt einen Fehler an dem Fahrzeug zu ermitteln.
Thema Digitalkamera:
KG Berlin, Beschluss vom 09.11.2020, 3 Ws (B) 262/20
“Mobilfunkverstoß” auch bei Benutzung einer Digitalkamera am Lenkrad
Eine Digitalkamera ist ein der Organisation dienendes elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs.1a StVO.
Aus den Gründen:
Zwar ist eine „Elektro-Kamera mit Flachbildschirm und diversen Menu-Optionen“ (gemeint offenkundig: Digitalkamera), die der Betroffene ausweislich der Urteilsfeststellungen während der Fahrt in der rechten Hand hielt und auf der er tippte, in § 23 Abs. 1a StVO nicht ausdrücklich aufgeführt. Sie ist jedoch sprachlich zwanglos als ein der Organisation dienendes elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs.1a StVO zu erfassen.
Thema Navigationsgerät im Auto:
KG Berlin vom 29.03.2019 – 3 Ws (B) 49/19-162 Ss 15/19
Mobile und fest eingebaute Navigationsgeräte unterfallen jeweils § 23 I a StVO
und die bedeutende Frage der “kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepassten Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen”
§ 23 Abs. 1a StVO unterscheidet nicht zwischen mobilen und immobilen elektronischen Geräten, so dass auch das im Bordcomputer des Fahrzeugs enthaltene und über einen fest eingebauten Joystick zu bedienende Navigationssystem unter die Geräte i.S.v. § 23 Abs. 1a S. 2 StVO fällt.
Kommt es bei innerörtlichem Stop-and-Go-Verkehr zu einer Auffahrkollision, weil der Fahrer des auffahrenden Fahrzeuges wegen der Bedienung des Navigationsgerätes kurzzeitig unaufmerksam war, hat sich das Tatgericht bei beabsichtigter Bejahung des Erlaubnistatbestandes in § 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 Buchst. b StVO damit auseinanderzusetzen, warum der Zeitraum der mit der Bedienung des Navigationsgerätes einhergehenden Unaufmerksamkeit dem Verkehrsgeschehen dennoch angepasst gewesen sein soll.
Hinweis:
Hier kommt es in besonderem Maße auf die Frage und die Feststellungen (im Rahmen der Beweisaufnahme) an, ob gem. § 23 I a Nr. 2 b StVO der Blick tatsächlich nur kurz – dem Verkehrsgeschehen angepasst – vom Verkehr abgewandt war.
Quelle → VOLLTEXT / Justiz BERLIN
OLG Köln, Beschluss vom 05.02.2020 – 1 RBs 27/20
Benutzung des Navis mit Fernbedienung erfüllt den § 23 Abs. 1a StVO.
Wer als Fahrzeugführer das Navigationsgerät seines Fahrzeugs mit der Fernsteuerung bedient, indem er sie aus der Halterung am Armaturenbrett nimmt und in der Hand hält, erfüllt den Tatbestand.
Quelle → LINK zum VOLLTEXT der Entscheidung
Im § 23 Abs.1a StVO ist schon der Vorsatz “drin”!
OLG Braunschweig vom 08.09.2021, 1 Ss (OWi) 126/21
Die vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes gibt bei dem unzulässigen Benutzen eines Gerätes zur Telekommunikation keinen Anlass für eine Erhöhung des Bußgeldes; vielmehr beschreibt § 23 Abs. 1a StVO ein Fehlverhalten, das regelmäßig vorsätzlich begangen wird.
Thema “Blitzer-APP” aktiv “aufgerufen”
OLG Rostock vom 22.02.2017 – 21 Ss OWi 38/17 (Z)
Der Verbotstatbestand des § 23 Abs. 1 b Satz 1 StVO ist erfüllt, wenn ein Fahrzeugführer während der Fahrt ein Mobiltelefon betriebsbereit mit sich führt, auf dem eine sogenannte “Blitzer-App” installiert und während der Fahrt aufgerufen ist.
Hintergrund:
Im Ergebnis der Beweisaufnahme ergab sich (jedenfalls zur Überzeugung des Gerichts), dass die “Blitzer-App” (Blitzer.de) auf dem Mobiltelefon, welches während der Fahrt eingeschaltet und in einer Halterung an der Windschutzscheibe befestigt war, aufgerufen gewesen sei. Der Betroffene hatte zugegeben, dass er die App installiert habe, aber bestritten, dass diese “in Betrieb” gewesen sei. Laut dem als Zeugen vernommenen Polizeibeamten, der seinerzeit die Feststellungen vor Ort getroffen hatte, war die „Blitzer-App“ zum fraglichen Zeitpunkt auf dem in Betrieb befindlichen Mobiltelefon aktiv aufgerufen gewesen, was der Zeuge anhand programmtypischer Symbole auf dem Bildschirm, die ihm auf Grund einer entsprechenden Schulung bekannt waren, sicher erkannt habe.
zuvor auch so
OLG Celle, Beschluss vom 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 313/15
Thema “Blitzer-APP” durch Beifahrer
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7.2.2023, 2 ORbs 35 Ss 9/23
Unzulässige Blitzerappnutzung auch „über“ geöffnetes Handy des Beifahrers
Ein durch § 23 Ic 3 StVO verbotenes Verwenden der zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen bestimmten Funktion eines technischen Geräts, das auch zu anderen Nutzungszwecken verwendet werden kann, liegt auch dann vor, wenn ein anderer Fahrzeuginsasse mit Billigung des Fahrzeugführers auf seinem Mobiltelefon eine App geöffnet hat, mit der vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gewarnt wird.