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OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2008 – 18 U 1/08
Je älter nämlich ein Fahrzeug ist und je mehr Kilometer es zurückgelegt hat, desto stärker muss ein verständiger Käufer mit Fahr- und Bedienungsfehlern, aber auch mit unzulänglichen Reparaturen und Versäumnissen bei der Pflege und Wartung rechnen.
Der Käufer kann deshalb nicht ohne Weiteres von der Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle während der gesamten bisherigen Nutzungszeit des Fahrzeugs ausgehen;
das Unterbleiben oder Verzögern derartiger Maßnahmen stellt daher nicht ohne Weiteres einen Sachmangel des Fahrzeugs dar,
sofern nicht die Einhaltung von Inspektionen und Wartungsintervallen zugesagt worden ist, etwa durch die Erklärung, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.06.2006, 1 U 38/06
Schon der Wortlaut des Gesetzes („Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist”), legt einen weiten, herstellerübergreifenden Vergleich nahe. Mit „üblich” ist nicht gemeint, was bei einem bestimmten Hersteller üblich oder normal ist. Die Üblichkeit ist vielmehr auch an dem faktischen Niveau zu messen, das vergleichbare Waren anderer Hersteller erreicht haben und das inzwischen die Markterwartung prägt.
In der Tat wird der Erwartungshorizont eines durchschnittlichen, verständigen Gebrauchtfahrzeugkäufers nicht nur durch das von ihm ausgesuchte Produkt, sondern auch durch damit im Wettbewerb stehende Produkte geprägt.
Ohne konkrete Absprachen bestimmt sich die Käufererwartung nach der „Darbietung” des Fahrzeugs durch Verkäufer und Hersteller („öffentliche Äußerungen”), nach dem Herkunftsland/Herstellerland mit seinem technischen Standard und auch nach dem Zeitpunkt der Produktion. Letzterer Aspekt ist insbesondere beim Kauf von älteren Fahrzeugen von Bedeutung. Die Erwartung wesentlich beeinflussend ist ferner der Ruf von Marke und Typ/Modell nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Hier spielen nicht nur die allgemeinen Printmedien, sondern auch Motorzeitschriften wie die ADAC-Motorwelt und die jährlich erscheinenden TÜV-Reports eine bedeutsame Rolle. (4) Der so definierten Käufererwartung entsprach das Fahrzeug des Kl. nicht. Berechtigterweise kann und darf ein verständiger Durchschnittskäufer davon ausgehen, dass ein Mittelklassewagen vom Typ X. trotz seines Alters von rund sieben Jahren und einer Laufleistung von etwa 84000 km nicht auf den ersten 1000 bis 2000 km wegen eines gravierenden Defekts am Automatikgetriebe gebrauchsuntauglich wird.
Dass ein zur Weiterbenutzung gekauftes Kraftfahrzeug auch bestimmungsgemäß benutzt werden kann und nicht wegen schwerwiegender Mängel nicht mehr fahrbereit ist, entspricht der Normalerwartung eines jeden Gebrauchtfahrzeugkäufers. Wer als Verbraucher und technischer Laie von einem professionellen Kfz-Händler kauft, hegt diese Erwartung in besonderem Maße. Allerdings muss ein Gebrauchtfahrzeugkäufer mangels gegenteiliger Vereinbarung mit normalem (natürlichem) Verschleiß grundsätzlich rechnen, weshalb solche Fälle nicht von der Sachmangelhaftung erfasst werden (so jetzt auch BGH, NJW 2006, 434 = MDR 2006, 510).
BGH, Urteil vom 20.05.2009, VIII ZR 191/07
Bei Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht ohne Weiteres zur üblichen Beschaffenheit im Sinne von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befinden. Die übliche Beschaffenheit ist deshalb grundsätzlich nicht in Frage gestellt, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert wurden. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen.
Welche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ein Käufer anhand der Art der Sache im Sinne von § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers und damit nach der objektiv berechtigten Käufererwartung. Diese orientiert sich im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen. Dagegen ist nicht entscheidend, welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert.
BGH, Versäumnisurteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06
Vorschaden / Unfallschaden / Bagatellschaden und Abgrenzung zum Sachmangel
Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als “Bagatellschäden” gekommen ist.
Zur Abgrenzung zwischen einem “Bagatellschaden” und einem Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.
Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige “Bagatellschäden” ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als “Bagatellschäden” hat der Senat bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering (in einem Falle aus dem Jahre 1961 332,55 DM) war.
Ein Fahrzeug, das einen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als “Bagatellschäden” gekommen ist, ist auch dann nicht frei von Sachmängeln i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, wenn es nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist.
BGH, Urteil vom 19.06.2013, VIII ZR 183/12
(Keine) Untersuchungspflicht des Verkäufers eines Gebrauchtwagens auf Unfallschäden
Nach ständiger Rechtsprechung trifft den Verkäufer eines Gebrauchtwagens ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, das zum Verkauf angebotene Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15 mwN). Der Händler ist grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung (“Sichtprüfung”) verpflichtet (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 3895).
Wenn sich daraus – wie hier – keine Anhaltspunkte für einen Vorschaden ergeben, dann besteht keine Pflicht zu weiteren Nachforschungen und damit auch nicht zu einer Abfrage bei der zentralen Datenbank des Herstellers betreffend eine dort etwa vorhandene “Reparaturhistorie” des Fahrzeugs über bei anderen Vertragshändlern/-werkstätten in den vergangenen Jahren durchgeführte Reparaturen.
Nur wenn die Erst-Untersuchung des Händlers zu anderen Erkenntnissen führt, kann dieser zu weiteren Nachforschungen verpflichtet sein, etwa zu gezielten Rückfragen oder auch zur Einsichtnahme in ihm zugängliche Dateien bzw. Online-Datenbanken des Herstellers (Reinking/Eggert, aaO Rn. 3909; LG Bielefeld, Urteil vom 3. Februar 2010 – 3 O 222/09, […] Rn. 26).
….. und Weiterführung der ständigen Rechtsprechung des BGH in …..
BGH, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14
Den Gebrauchtwagenhändler trifft keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung (“Sichtprüfung”) verpflichtet.
BGH, Urteil vom 19. 12. 2012 – VIII ZR 117/12
Zur Haftung des Käufers für die Unfallfreiheit des bei einem Ankauf von einem Autohändler in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens.
Ein Ausschluss der Gewährleistung für etwaige Unfallschäden kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die Parteien, wie oben ausgeführt, im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit des Fahrzeugs getroffen haben. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 170, BGHZ Band 170 Seite 86 = NJW 2007, NJW Jahr 2007 Seite 1346 Rdnrn. NJW Jahr 2007 Seite 1346 Randnummer 30 f. ) kann im Falle einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung selbst ein daneben ausdrücklich vereinbarter Gewährleistungsausschluss nur dahin ausgelegt werden, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Absatz I 2 Nr. BGB § 434 Nummer 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Absatz I 2 Nr. 2 BGB). Für einen stillschweigenden Gewährleistungsausschluss kann nichts anderes gelten.
BGH, Urteil vom 16.03.2005, VIII ZR 130/04
Auf die Frage, ob der Bekl. durch die Angaben zum km-Stand im Kaufvertrag eine Garantie übernommen hat, kommt es indes dann nicht an, wenn der Kl. weder Schadensersatzansprüche geltend macht, noch ein Haftungsausschluß vorliegt, sondern die Parteien eine Gewährleistung vielmehr ausdrücklich vereinbart haben. In diesem Fall ist allein fraglich, ob ein Sachmangel i.S. von § 434 I BGB gegeben ist, weil die tatsächliche Laufleistung des Kraftfahrzeugs von der im Kilometerzähler ausgewiesenen nach oben abweicht. Dies wird das BerGer. auch im Hinblick darauf zu prüfen haben, ob der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs auf Grund der gesamten Umstände erwarten darf, dass die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeuges nicht wesentlich höher ist als der Kilometerzähler anzeigt (§ 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB; vgl. dazu OLG Köln NJW-RR 1986, 988; OLG Bremen NJW 2003, 3713; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rdnr. 1284 f; MünchKommBGB/Westermann, 4. Aufl., § 434 Rdnr. 58). Sollte das BerGer. dies bejahen, käme es auf die Frage, ob die im Kaufvertrag enthaltene Angabe „abgelesener km-Stand ca. 86000“ eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S. des § 434 I Satz 1 BGB darstellt, nicht an.
BGH, Urteil vom 16.07.2003 – VIII ZR 243/02
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein als Neuwagen verkaufter Pkw entgegen der in der Regel hierin liegenden konkludenten Zusicherung nicht mehr “fabrikneu“, wenn das betreffende Modell im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird.
OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2011, I-28 U 109/11
Ein geringfügiger, fachgerecht in Werksqualität beseitigter Lackkratzer eines Neuwagens ist kein Sachmangel und nicht offenbarungspflichtig.
aa) Allein die Tatsache, dass es beim Transport beschädigt worden war, begründet noch keinen Sachmangel.
(1) Es handelte sich nicht um eine Unfallbeschädigung, die sowohl bei einem Neu- wie bei einem Gebrauchtfahrzeug auch bei fachgerechter Reparatur eine Abweichung von der üblichen, vom Käufer berechtigterweise zu erwartenden Beschaffenheit darstellt und deshalb nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB einen Sachmangel begründet (vgl.BGH, Versäumnisurt. v. 10.10.2007, VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53, 54). Von den mangelbegründenden -– offenbarungspflichtigen – Unfallschäden sind Bagatellschäden abzugrenzen, worunter insbesondere geringfügige Lackschäden fallen.
Hier lässt sich nicht feststellen, dass die beim Transport entstandene Beschädigung über den von der Beklagten beschriebenen kleinen Lackkratzer im Bereich der hinteren linken Tür hinausging. Der Sachverständige T2 hat die Behauptung der Klägerin, über die Lackierarbeiten hinaus seien Spachtelarbeiten ausgeführt worden, nicht bestätigt.
(2) Das Fahrzeug hat durch die reparierten Lackschäden als solche auch nicht die Eigenschaft der Fabrikneuheit verloren, was andernfalls die Mangelhaftigkeit begründete.
Nach der Rechtsprechung gehört die Fabrikneuheit zu der nach § 434 Abs. 1 BGB geschuldeten Beschaffenheit eines Neuwagens (BGH, Urt. v. 18.06.1980, VIII ZR 185/79, NJW 1980, 2127f.; BGH, Urt. v. 15.10.2003, VIII ZR 227/02; NJW 2004,160; s. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf 10. Aufl. 2009, Rn 240, 273ff.). Danach ist ein aus neuen Materialien hergestelltes und – abgesehen von der Überführung – unbenutztes Fahrzeug “fabrikneu”, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist, zwischen Herstellung und Kaufabschluss nicht mehr als 12 Monate liegen und wenn nach seiner Herstellung keine erheblichen Beschädigungen eingetreten sind, auch wenn sie vor Auslieferung an den Käufer nachgebessert wurden.
“Fabrikneu” bedeutet dagegen nicht fehlerfrei (BGH NJW 1980, 2127, 2128).
Während ein als Neuwagen verkaufter Pkw, der nach Verlassen des Herstellerwerks nicht ganz unerhebliche Lackschäden erlitten hat, nicht mehr “fabrikneu” ist, auch wenn die Schäden vor Übergabe durch Nachlackierung ausgebessert worden sind (BGH a.a.O.), gilt anderes bei geringfügigen Lackschäden, soweit sie fachgerecht beseitigt wurden (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 20.04.1998, 32 U 159/97, NJW-RR 1998, 1212; OLG München, Urt. v. 25.03.1998, 30 U 598/97, NJW-RR 1998, 1210).
Hier war die Grenze der Geringfügigkeit nicht überschritten. Nach den unwiderlegten Angaben der Beklagten handelte es sich um einen nur ca. 4 cm langen, oberflächlichen Lackkratzer an der hinteren linken Tür, der durch Neulackierung der Tür und zwecks optischer Angleichung – Beilackierung der vorderen Tür behoben worden war. Der Reparaturaufwand lag nach der unangegriffenen Schätzung des Sachverständigen T2 bei rd. 700 € netto. Das sind lediglich 3,4 % des Neupreises.
Ein solcher Lackschaden steht, wenn er fachgerecht in Werksqualität behoben worden ist, der “Fabrikneuheit” des Fahrzeugs nicht entgegen und ist als solcher folglich nicht offenbarungspflichtig.
bb) Anderes gilt, wenn die Reparaturarbeiten nicht in diesem Sinne fachgerecht ausgeführt worden sein sollten. Dann wiche die Beschaffenheit des Fahrzeugs der Klägerin der nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB geschuldeten Beschaffenheit ab.
BGH, Urteil vom 29.06.2016, VIII ZR 191/15
Jahreswagen / Standzeit
Anders als bei Neuwagen und „Jahreswagen“, bei denen vor der Erstzulassung eine Standzeit von höchstens zwölf Monaten hinzunehmen ist (vgl. Senat, NJW 2004, 160 [unter II 3]; NJW 2006, 2694, Rn. 7 ff.), lassen sich bei (sonstigen) Gebrauchtwagen keine allgemein gültigen Aussagen dahin treffen, ab welcher Grenze eine Standzeit zwischen Herstellung und Erstzulassung eine Beschaffenheit darstellt, die nicht mehr üblich ist und die der Käufer auch nicht erwarten musste (Fortentwicklung von Senat, NJW 2009, 1588 Rn. 14).
OLG Brandenburg, Urteil vom 27.06.2006, 5 U 161/05
Hierbei kommt es nicht darauf an, dass dieses Beschaffenheitsmerkmal des Wagens nur in das bei ebay eingestellte Verkaufsangebot aufgenommen war und im später zwischen den Parteien schriftlich abgeschlossenen Kaufvertrag vom 20.11.2004 nicht aufgenommen wurde. Denn die Fahrzeugbeschreibung im Internet war Grundlage des Kaufvertrages und es ist anerkannt, dass die Beschreibung im Internet oder in einem Werbeschreiben bzw. Inserat für die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit ausreicht (vgl. OLG Köln NJW-RR 1990, 758; OLG Düsseldorf 1999, 514, LG Köln DAR 2002, 272).
Hinweis (von Rechtsanwälten . Fachanwälten Saß & Liskewitsch):
Der Hinweis in einer Internetanzeige seitens des Händlers “Irrtümer vorbehalten“, schützt diesen nicht. Dieser würde nur dazu führen, dass der Kaufinteressent keinen Schadenersatz erhalten kann, wenn er wegen der irrtümlich “fehlerhaften” Anzeige zur Besichtigung anreist.
BGH, Urteil vom 12.01.2011, VIII ZR 346/09
Zur Frage, ob ein Kraftfahrzeugsachverständiger, der ein Fahrzeug im Auftrag des Eigentümers begutachtet und zum Verkauf in eine Internet-Restwertbörse eingestellt hat, gegenüber dem Käufer, der das Fahrzeug aufgrund eines im Internet abgegebenen Gebots erwirbt, zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn das Fahrzeug einen Sachmangel aufweist.
Aus den Gründen:
Denn aufgrund der Abbildung des Fahrzeugs im Internet war das von der Verkäuferin angenommene Kaufangebot der Klägerin auf den Erwerb des Fahrzeugs mit der abgebildeten Standheizung gerichtet. Mit dieser Beschaffenheitsvereinbarung ist der Kaufvertrag zustande gekommen. Deshalb kann die Klägerin von der Verkäuferin wegen der bei Übergabe des Fahrzeugs fehlenden Standheizung im Wege der Nacherfüllung gemäß § 437 Nr. 1, § 439 BGB den Wiedereinbau der von der Verkäuferin vor Übergabe ausgebauten Standheizung verlangen.
BGH, Urteil vom 7. 6. 2006 – VIII ZR 209/05
Die Nacherfüllung durch Lieferung einer anderen mangelfreien Sache ist auch beim Stückkauf nicht von vornherein wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen. Möglich ist die Ersatzlieferung nach den Vorstellungen der Parteien dann, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann.
Beim Kauf eines Gebrauchtwagens liegt es in der Regel nahe, dies zu verneinen, wenn dem Kaufentschluss eine persönliche Besichtigung des Fahrzeugs durch den Käufer vorausgegangen ist.
BGH, Urteil vom 26. 11. 2008 – VIII ZR 200/05
Kein Wertersatz für die Nutzung mangelhafter Sache bei Ersatzlieferung
Hinweis (von Rechtsanwälten . Fachanwälten Saß & Liskewitsch):
anders indes beim Rücktritt = dort aber Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer
BGH, Urteil vom 19. 12. 2012 – VIII ZR 96/12
Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen muss auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat (Bestätigung von BGH, NJW 2010, 1448, und BGHZ 189, Seite 196 = NJW 2011, 2278).
OLG Bremen, Urteil vom 27.03.2015, 2 U 12/15
Dabei kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Aufforderung auch deshalb unzureichend war, weil sie sich auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Austausch des Getriebes) richtete, statt der Beklagten die ihr zustehende Möglichkeit offen zu lassen, die Art der Reparatur selbst zu bestimmen.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 18.04.2013, 4 U 52/12
Ein Recht des Käufers zum Rücktritt ohne Gewährung eines zweiten Nachbesserungsversuchs kann zu bejahen sein, wenn dem Verkäufer beim ersten Nachbesserungsversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen oder dieser Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war (Anschluss an OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1423 f.; hier: Arbeiten an der Zahnriemen-Spannrolle vor dem Hausanwesen des Käufers).
BGH, Urteil vom 15.04.2015, VIII ZR 80/14
“TÜV neu” / “HU neu”
Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung “HU neu” beinhaltet bei interessengerechter Auslegung die stillschweigende Vereinbarung, dass sich das verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten verkehrssicheren Zustand befinde und die Hauptuntersuchung durchgeführt sei (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteil vom 24. Februar 1988 – VIII ZR 145/87 , BGHZ 103, 275, 280 ff. [“TÜV neu”]).
OLG Hamm, Urteil vom 16.05.2017, 28 U 101/16
Zu den Rücktrittsvoraussetzungen beim Verkauf eines verunfallten Fahrzeugs (insbesondere zur Angabe “unfall- und nachlackierfrei” ohne einschränkende Zusätze)
Enthält ein Kaufvertrag die uneingeschränkte Angabe, das verkaufte Fahrzeug sei unfallfrei, bringen die Parteien damit zum Ausdruck, dass sie einverständlich davon ausgehen, das Fahrzeug habe bis dahin keinen Unfallschaden erlitten, der über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgegangen ist.
Mit der Angabe fehlender Nachlackierungen legen sie das Vorhandensein der Originallackierung als geschuldete Fahrzeugbeschaffenheit fest.
Dass die Klägerin Wert darauf legte, vor Unterzeichnung des schriftlichen Kaufvertrags das Fahrzeug selbst zu untersuchen, bedeutete nicht, dass sie damit das Risiko übernehmen wollte, dass das Fahrzeug nicht den vorbezeichneten Angaben entsprach.
Der Vertragsrücktritt setzte im konkreten Fall keine vergeblich gesetzte Frist zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1 BGB voraus. Der Mangel der fehlenden Unfall- und Nachlackierungsfreiheit ist einer Nachbesserung nicht zugänglich, weshalb insoweit eine Nacherfüllungsaufforderung entbehrlich ist.
Ein Käufer hat grundsätzlich keine Obliegenheit, das zu erwerbende Fahrzeug gründlich auf Unfallschäden, sonstige Beschädigungen oder Mängel zu untersuchen. Das gilt auch für einen Händler. Auch ein gewerblicher Aufkäufer darf sich insbesondere normalerweise auf Angaben des Verkäufers z.B. zur Unfallfreiheit verlassen und sich auf eine Sichtprüfung beschränken. Hat er danach oder aufgrund sonstiger Erkenntnisse konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechenden Angaben des Verkäufers falsch oder zweifelhaft sind, kann es allerdings als grob sorgfaltspflichtwidrig gewertet werden, wenn er das Fahrzeug daraufhin nicht genauer untersucht (s. dazu OLG Saarbrücken, Urt. v. 06.07.2016, 2 U 54/15; NJW-RR 2017, 434, Tz 19ff.; Reinking/Eggert, Autokauf, 13. Aufl., Rn 3932).
Hinweis (von Rechtsanwälten . Fachanwälten Saß & Liskewitsch):
Bei einer Beschaffenheitsvereinbarung geht im übrigen ein Gewährleistungsausschluss fehl und steht dem Rücktrittsbegehren nicht entgegen.
OLG Koblenz, Urteil vom 01.03.2017, 5 U 135/17
Die Offenbarungs- bzw. Aufklärungspflicht des Verkäufers eines Kfz bezieht sich nicht nur darauf, den Unfallschaden ohne nähere Ausführungen zum Umfang einzuräumen. Es darf auch kein falscher Eindruck hinsichtlich des Umfangs des Schadens erweckt und dieser bagatellisiert werden.
Aus den Gründen:
Denn der bloße Hinweis auf einen Unfallschaden war angesichts der im Kaufvertrag – konkret dem beigefügten Übernahmeprotokoll/Zustandsbericht – angeführten Bemerkungen nicht ausreichend. Dort wird auf Lackschäden, Schäden hinten rechts, vorne links und hinten links unten sowie diverse Kratzer verwiesen. Diese Hinweise bagatellisieren den tatsächlich vorliegenden umfassenden Fahrzeugschaden. Sie konnten aus Sicht des maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts nicht als Hinweis auf einen Schaden in dem tatsächlich gegebenen Ausmaß verstanden werden. Die Offenbarungspflicht der Beklagten bezog sich indes darauf, nicht nur den Unfallschaden ohne nähere Ausführungen zum Umfang einzuräumen, sondern auch dahin, keinen falschen Eindruck hinsichtlich des Umfangs des Schadens, der vorliegend zumindest nahe an der Grenze zum wirtschaftlichen Totalschaden anzusiedeln ist, zu erwecken.
BGH, Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 271/16
Gewährleistungsausschluss / § 434 Abs. 1 S. 3 BGB
Der Verkäufer kann im Hinblick auf die in § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB getroffene gesetzgeberische Wertung grundsätzlich seine Haftung nicht nur für das Fehlen einer üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), sondern auch für das Fehlen von Eigenschaften ausschließen, deren Vorhandensein der Käufer nach den vom Verkäufer abgegebenen öffentlichen Äußerungen berechtigterweise erwarten kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 14).
Abgrenzung Verbrauchgüterkauf vs. Unternehmergeschäft
Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 – III ZB 36/04, BGHZ 162, 253, 256 f.; Urteil vom 15. November 2007 – III ZR 295/06, NJW 2008, 435 Rn. 6 f.; EuGH, Urteile vom 9. November 2016 – C-149/15, NJW 2017, 874 Rn. 32, und vom 3. September 2015 – C-110/14, ZIP 2015, 1882 Rn. 16 ff., insb. Rn. 21). Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an. In bestimmten Fällen kann es allerdings auch ausreichen, dass dem Käufer vor oder bei Vertragsschluss der Eindruck vermittelt wird, er erwerbe die Kaufsache von einem Unternehmer (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 9. November 2016 – C-149/15, aaO Rn. 34 – 45).
Allein der Umstand, dass der Beklagte neben dem an den Kläger veräußerten Fahrzeug unstreitig zwei weitere Pkws im Internet zum Verkauf angeboten hat, reicht – anders als die Revision meint – für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit des Beklagten nicht aus. Denn entscheidend ist nicht das Anbieten von drei Fahrzeugen (dass die weiter von der Revision angeführten fremd-sprachlichen Annoncen andere Fahrzeuge betreffen, ist nicht ersichtlich). Maßgebend ist vielmehr, zu welchem Zweck die zur Veräußerung stehenden Fahr-zeuge bislang genutzt worden sind und aus welchem Anlass sie verkauft wer-den sollten. Die Veräußerung vom Verkäufer privat genutzter Fahrzeuge ist regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2013 – VIII ZR 186/12, aaO mwN). Ob dies bei einer größeren Anzahl von Verkaufsfällen anders zu beurteilen wäre, kann vorliegend dahin stehen.
LG Limburg, Entscheidung vom 09.06.2017 – 2 O 197/16
Jedenfalls ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler muss vor Kaufvertragsschluss über die Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens aufklären, da es sich insofern um einen preisbildenden Faktor handelt. Der Verkäufer kann sich insofern auch regelmäßig nicht auf einen den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum berufen.
Die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens als Jahreswagen stellt keine Aufklärung über eine vorangegangene Nutzung als Mietwagen dar.
OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 02.08.2017, Zurückweisungsbeschluss vom 28.08.2017, 9 U 29/17
aus Pressemitteilung des OLG Oldenburg / Nr. 50/2017
Bei einem Gebrauchtwagenkauf nutzen die Beteiligten häufig bestimmte Formulierungen, um die Haftung des Verkäufers für Mängel des Wagens auszuschließen. Oft wird dabei die Wendung „gekauft wie gesehen” gewählt. In einer aktuellen Entscheidung hat sich der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg damit auseinandergesetzt, was dies im Einzelfall bedeuten kann.
Eine Frau aus dem Emsland hatte von einem Mann aus Wiesmoor einen gebrauchten Peugeot für gut 5.000,- € gekauft. Nach einiger Zeit wollte sie das Fahrzeug zurückgeben und ihren Kaufpreis zurückerhalten. Sie behauptete, das Fahrzeug habe einen erheblichen Vorschaden, von dem sie beim Kauf nichts gewusst habe. Der Verkäufer bestritt einen Vorschaden und berief sich außerdem darauf, dass man mit der benutzen Formulierung „gekauft wie gesehen” Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen habe.
Das Landgericht Aurich gab der Frau Recht, was jetzt der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts bestätigt hat. Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen habe der Wagen einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden. Beide Kotflügel wiesen Spachtelarbeiten und eine Neulackierung auf.
Die Formulierung „gekauft wie gesehen” schließe einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin nicht aus. Denn diese Formulierung gelte nur für solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen könne. Dass dem Verkäufer der Vorschaden ebenfalls nicht bekannt war, spiele keine Rolle.
Denn für den Gewährleistungsanspruch sei eine Arglist des Verkäufers nicht Voraussetzung. Auch das Argument des Verkäufers, die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines privaten Verkäufers würden überspannt, greife nicht. Denn ihm hätte freigestanden, im Kaufvertrag einen umfassenden Haftungsausschluss für alle ihm nicht bekannten Mängel zu vereinbaren.
Die Frau kann jetzt den Wagen zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurück.
BGH, Urteil vom 09. Mai 2018, VIII ZR 26/17
Rückabwicklung eines Kaufvertrages im Wege des “großen Schadensersatzes” nach wegen desselben Mangels zuvor bereits erklärter Minderung ist ausgeschlossen
Da es sich bei der Minderung nach § 441 BGB um ein Gestaltungsrecht handelt, mit welchem der Käufer durch einseitiges Rechtsgeschäft eine Änderung des Vertragsverhältnis unmittelbar herbeizuführen vermag, ist dieser ab Eintritt der besagten Gestaltungswirkung (Herabsetzung des Kaufpreises) an die von ihm erklärte Minderung gebunden. Vorliegend vermochte die Klägerin mithin die bereits mit Zustellung ihrer Klageschrift gegenüber der Beklagten wirksam erklärte Minderung einseitig weder zurückzunehmen noch zu widerrufen, um stattdessen unter Berufung auf denselben Mangel nunmehr im Rahmen des sogenannten großen Schadensersatzes die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages zu verlangen.
Damit wird dem Käufer jedoch nicht die Möglichkeit eröffnet, nach einer bindend gewordenen Minderung des Kaufpreises wegen desselben Mangels anstelle dieses Gestaltungsrechts oder neben diesem einen auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung (sogenannten großen Schadensersatz) nach § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB zu verlangen.
Denn mit der wirksamen Ausübung der Minderung hat ein Käufer zugleich das ihm vom Gesetz eingeräumte Wahlrecht zwischen Festhalten am und Lösen vom Kaufvertrag “verbraucht”.
EuGH, Urteil vom 13. 7. 2017, C-133/16 (Ferenschild)
Beim Gebrauchtwagenkauf darf nur die Haftungsdauer (Mangelgewährleistungsfrist) verkürzt werden, innerhalb deren der Mangel offenbar werden muss, nicht jedoch die Verjährungsfrist für Mängelansprüche auf einen Zeitraum von weniger als zwei Jahren.
BGH, Urteil vom 13. April 2011 – VIII ZR 220/10
Der Erfüllungsort der Nacherfüllung hat im Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches keine eigenständige Regelung erfahren. Für seine Bestimmung gilt daher die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB.
Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend.
Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
BGH, Urteil vom 27.09.2017, VIII ZR 99/16
Verhandlungen (nur über Gewährleistungsansprüche) unterbrechen nicht auch die Verjährung wegen Ansprüchen aus einer Garantie
Zwei Ansprüche beruhen auf “demselben Grund” im Sinne von § 213 BGB , wenn sie aus demselben, durch das Anspruchsziel geprägten Lebenssachverhalt abgeleitet sind, der die Grundlage für das Entstehen der beiden Ansprüche darstellt; der Anspruchsgrund muss “im Kern” identisch sein. Hieran fehlt es im Verhältnis zwischen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen einerseits und Ansprüchen aus einer daneben abgeschlossenen (Haltbarkeits-)Garantie andererseits (Fortführung Senatsurteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 180/14 , BGHZ 205, 151 ).
BGH, Urteil vom 19.07.2017, VIII ZR 278/16
Nacherfüllung (insb. Mangelbeseitigung) und Kostenvorschusspflicht des Händlers für die Transportkosten
Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus.
Die Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB begründet in Fällen, in denen eine Nacherfüllung die Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung an diesen Ort anfallen, bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer; der Käufer kann nach dem Schutzzweck der von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen, auch wenn das Vorliegen des geltend gemachten Mangels noch ungeklärt ist.
BGH, Urteil vom 26. August 2020 – VIII ZR 351/19
Rücktritt vom Autokauf nach einem Nachbesserungsversuch / angemessene Frist zur Nacherfüllung / zweiter Nachbesserungsversuch?
Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der Leistungserfolg eingetreten sein. Die Frist ist allerdings so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann.
Hat der Käufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist, so ist er grundsätzlich nicht gehalten, dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung ist nur dann Rücktrittvoraussetzung, wenn der Käufer sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hat.
BGH, Urteil vom 09.09.2020, VIII ZR 150/18
Verschleiß als Sachmangel – ja / nein ?
Ein bei Gefahrübergang vorliegender, dem Alter, der Laufleistung und der Qualitätsstufe entsprechender, gewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß eines für den Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs begründet einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB nicht (Bestätigung der Senatsurteile vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 19; vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19; vom 10. März 2009 – VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 13).
Dies gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit – insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung – ein Erneuerungsbedarf ergibt.
Die Vermutung des § 476 Halbs. 1 BGB – in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (jetzt § 477 Halbs. 1 BGB) – entbindet den Käufer nicht davon darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sich an der Kaufsache innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung) gezeigt hat. Der Käufer ist dann durch die genannte Vorschrift des Vortrags und des Nachweises enthoben, auf welche Ursache der zu Tage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, sowie dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (Bestätigung der Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 315/18, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, unter II 3 c bb (1)).
Anmerkung / Text § 477 BGB: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.