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LAG Berlin-Brandenburg vom 15.09.23, 12 Sa 1160/22
Regelung eines Sozialplanes, die vom ArbG veranlasste Eigenkündiger vom Nachteilsausgleich ausschließt, ist unwirksam
1. Die Reglung in einem Sozialplan, die alle Beschäftigte mit besonderem
Kündigungsschutz bei arbeitgeberseitig veranlasster Eigenkündigung von der Einbeziehung in einen Nachteilsausgleich ausschließt, verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
2. Im Sozialplan vorgesehene persönliche Ausnahmen von einer Stichtagsregelung, wonach danach ausgesprochene Eigenkündigung als arbeitgeberseitig veranlasst gelten und einen Abfindungsanspruch auslösen, bedürfen eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes, damit sie dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen. Das Innehaben besonderen Kündigungsschutzes stellt einen solchen Grund nicht dar, wenn er die Gefahr einer Kündigung wegen der Betriebsänderung oder die Gefahr eines Nachteils daraus nicht beseitigt.
LArbG Nürnberg, Urteil vom 06.06.2023 – 7 Sa 275/22
Vergütung für erforderliche Zeiten des Umkleidens und des Waschens / Fremdnützigkeit (“Erforderlichkeit”) von Waschen und CO.
1. § 8 MTV für die Arbeitnehmer des Speditions-, Transport- und Logistikgewerbes in Bayern regelt die Vergütung für erforderliche Zeiten des Umkleidens und des Waschens nicht.
2. Steht fest, dass Umkleidezeit vor und nach der Arbeit und Körperreinigungszeit nach der Arbeit erforderlich sind, kann das Gericht die dafür notwendige Zeit schätzen bei Vorliegen entsprechender Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO.
Die für das Umkleiden vor und nach der Arbeit, für die Reinigung nach der Arbeit und für die Wege von der Umkleide an den Arbeitsplatz und vom Arbeitsplatz zur Umkleide erforderlichen Zeiten sind gem. § 611a Abs. 2 BGB gesondert zu vergüten.
Stellt sich aber noch die Frage, wann denn Waschen und ggfls. Duschen nach der Arbeit erforderlich!?
Ob Körperreinigungszeiten auch als Arbeitszeit in diesem Sinne anzusehen sind, ist höchstrichterlich bisher noch nicht geklärt. Im Sinne der Rechtsprechung des BAG zu den Umkleidezeiten kommt es darauf an, ob die Zeit zum – gegebenenfalls auch nur teilweisen – Reinigen des Körpers überwiegend oder ausschließlich fremdnützig ist und nicht nur dazu dient, dass der Arbeitnehmer sauber nach Hause kommt. Die Fremdnützigkeit ist zu verneinen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die üblicherweise im Privatleben dazu dient, die übliche Entwicklung von Verunreinigung, Schweiß und Körpergeruch im Laufe eines Tages zu beseitigen. Sie ist dagegen zu bejahen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die aufgewendet werden muss, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt. Es kommt hier nicht darauf an, wie die Berufung meint, dass die Verschmutzung des Körpers es unzumutbar macht, den Betrieb ohne Duschen zu verlassen.
LAG Schleswig-Holst., Urteil vom 03.05.2022, 2 Sa 280/21
Unangemessene Ausbildungsvergütung – stillschweigender Änderung der Ausbildungsvergütung
Leitsatz
Keine wirksame Abänderung der Ausbildungsvergütung durch stillschweigende Änderung der Ausbildungsvergütung.
Orientierungssätze
1. Unterschreitet die vereinbarte Ausbildungsvergütung die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20%, ist sie in der Regel nicht angemessen im Sinne des § 17 Abs 1 S 1 BBiG 2005.
2. Wird bereits für eine ergänzende Nebenabrede eine schriftliche Niederlegung verlangt, so gilt dies erst Recht für eine abändernde Hauptabrede betreffend die Höhe der zu zahlenden Ausbildungsvergütung, weil erst mit der schriftlichen Fixierung der Hauptabrede festgelegt ist, welche Ausbildungsvergütung verlangt werden kann.
LAG MV, Urteil vom 21.10.2009, 2 Sa 237/09
2mal das LAG MV – Arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklauseln, über das Gehalt zu reden, sind unwirksam
Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Darüber hinaus verstößt sie gegen Art. 9 Abs. 3 GG.
Quelle: IWW vom 03.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103542
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