MIT oder OHNE … und es geht um die Gesundheit, aber eben auch um´s Geld …
Nach Unfällen mit Auto, Motorrad, Fahrrad oder auch auf der Skipiste stellt sich auch die Frage, ob derjenige, der bei einem Unfall, den ein anderer verursacht hat, nicht nur anteiligen Schadenersatz bekommen kann, wenn er im Auto nicht angeschnallt, auf Motorrad oder Fahrrad bzw. auf Ski ohne Helm unterwegs war. Und die Aussage ist eindeutig: Wenn Verletzungen durch Gurt, Helm bzw. Schutzbekleidung hätten verhindert werden können oder zumindest diese weniger schwerwiegend gewesen wären, gibt es keinen vollen Schadenersatz. In diesem Falle greift ein eigenes Mitverschulden, welches den Anspruch im Einzelfall um 25 bis 50 % mindern kann.
Bemerkenswert ist hierbei, dass diese Konstellationen mittlerweile bei den Oberlandesgerichten angekommen sind und diese mit guten Gründen ein Mitverschulden annehmen. Die Tendenz zeigt deutlich, dass es nicht darauf ankommen kann, ob es Verpflichtungen aus dem Gesetz gibt. Auch ohne eine gesetzliche Pflicht kann ein Mitverschulden vorliegen, wenn sich ein entsprechendes Verkehrsbewusstsein zum Eigenschutz durchgesetzt hat. Und genau diese Konsequenz zeigt sich deutlich in den folgenden aktuellen Entscheidungen:
● OLG München am 07.06.2013: Wer sich im Auto während der Fahrt nicht angeschnallt hat, haftet für erlittene Verletzungen mit, wenn feststeht, dass die Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn er zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre.
● OLG Schleswig am 05.06.2013: Erleidet ein Radfahrer, der keinen Fahrradhelm trägt, bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen, die bei Tragen eines Fahrradhelms nicht oder aber weniger gravierend aufgetreten wären, so muss er sich wegen des Nichttragens des Fahrradhelms ein Mitverschulden anrechnen lassen. Hierbei lehnt das Gericht durchaus nachvollziehbar ab, dass zwischen einem „normalen“ Freizeitfahrer und einem sportlich ambitionierten Fahrer zu unterscheiden sei.
● OLG Düsseldorf und OLG Stuttgart (bereits 2001 bzw. 1998): Mitverschulden beim Nichttragen von Badeschuhen im Schwimmbadbereich.
● OLG München am 25.11.2011: Wird ein auf der Ski-Piste in einer Gruppe regelgerecht anhaltender Skifahrer durch einen anderen Skifahrer umgefahren und zieht sich hierbei Verletzungen am Kopf zu, die durch das Tragen eines Skihelms vermeidbar gewesen wären, dann ist insoweit eine Mitverschuldensquote von 50 % anzunehmen.
● Das OLG Nürnberg hat am 09.04.2013 allerdings entscheiden, dass in unter diesem Blickwinkel zu beurteilenden Fällen derzeit kein Mitverschulden beim Tragen von Sport- statt Motorradschuhen angenommen werden kann. Das Gericht begründet dies damit, dass derzeit (noch) kein allgemeines Verkehrsbewusstsein existiert, welches das Tragen von Motorradschuhen für erforderlich hält.
Aber Vorsicht, denn der Hinweis der Beklagten im Prozess, dass heute etwa 80 % der Motorradfahrer Motorradstiefel tragen, ist nicht von der Hand zu weisen und könnte doch für ein bereits verfestigtes Verkehrsbewusstsein sprechen. So wird man damit rechnen dürfen, dass zukünftig andere Gerichte diese Auffassung des OLG Nürnberg nicht teilen und doch ein Mitverschulden annehmen werden. In diesen Zusammenhang passt dann nämlich die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 23.07.2009, in der das Gericht eine Mithaftung des verunfallten Motorradfahrers beim Nichttragen von Schutzkleidung an den Beinen angenommen hat.
Also gibt es auf die Frage nach MIT oder OHNE nur eine Antwort: IMMER MIT.
Michael Liskewitsch
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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