Heute…
Das überraschende Urteil und was ein Richter an Hinweisen in einem Prozess zu geben hat…
Das OLG Bamberg vom 18.08.2016 (AZ: 1 U 24/16) sagt in aller Deutlichkeit in einem aktuellen Urteil:
Das Gericht genügt seiner Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht schon durch allgemeine und pauschale Hinweise, sondern nur, wenn es gezielt und konkret entscheidungserhebliche Mängel im Sachvortrag anspricht. Zudem muss das Gericht den Parteien die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Es ist ein Hinweis darauf erforderlich ist, was das Gericht konkret noch an Vortrag erwartet und in welchen Punkten es Darlegungen noch als ergänzungsbedürftig erachtet.
(Quelle: beck-online, FD-VersR)
Hintergrund der Entscheidung
Es ging um einen Versicherungsprozess und konkret um die Frage der Berufsunfähigkeit. Der klagende Versicherungsnehmer (VN) einer Krankentagegeldversicherung hatte in einem gerichtlichen Verfahren um den Bezug von Krankentagegeld bis dato nicht ausreichend zu seiner Berufstätigkeit und dazu vorgetragen, warum er den zuletzt konkret ausgeübten Beruf in keiner Weise mehr ausüben konnte. Das Gericht in der ersten Instanz (hier das Landgericht Coburg) hatte im Verhandlungstermin lediglich und ganz allgemein auf prozessrechtliche Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Klage hingewiesen. Das OLG Bamberg sah hierin aber eine Verletzung der Hinweispflichten des Gerichts (die aus § 139 ZPO folgen).
Tragweite des Urteils
Aber das Urteil ist allgemein gültig und insoweit auf alle Zivilverfahren übertragbar. Wir machen auch deshalb auf dieses (aktuelle) Urteil aufmerksam, weil in der Tat in so manchem Prozess die Hinweise des Gerichts gar nicht kommen oder eben viel zu “dünn” sind. So kommt es auch schon vor, dass das Gericht alle Beteiligten am Ende überrascht und es vorher keinen Fingerzeig gab, was die Parteien ggfls. noch zu leisten haben. Ist dies der Fall kann ein solches Urteil auch von der Nachfolgeinstanz “korrigiert” werden.
Genauso sieht es übrigens der BGH in zahlreichen Entscheidungen (so z.B. Beschluss vom 21.03.2013 – VII ZR 58/12; Beschluss vom 13.3.2008 – I ZB 59/07), worauf das OLG Bamberg in den Entscheidungsgründen auch ausdrücklich hinweist.