Aufgrund der großen Resonanz
unseres letzten Beitrags zu den “Blitzern” in Rostock und Umland und wegen der vielen Fragen, die dann folgten, werden wir in loser Reihenfolge in ein paar Beiträgen ein wenig mehr zum Bußgeldverfahren berichten (hier und auf unserer Internetseite).
Eine Frage war dabei, die sich doch als Einstieg geradezu aufgedrängt hat:
Was kann man denn überhaupt bei einem “Blitzer” machen?
Sorry, aber schon kommt mitunter das erste Problem auf. Der Halter bekommt den Zeugenfragebogen, mit welchem er aufgefordert wird, den verantwortlichen Fahrer zu benennen. Hierzu hatten wir vor kurzem schon unter der Überschrift “Schützt das Zeugnisverweigerungsrecht im Bußgeldverfahren auch vor einer Fahrtenbuchauflage?“ ein paar Ausführungen gemacht und gewarnt, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Mehr dazu unter dem Facebook-Eintrag vom 22. Juli oder auf unser Internetseite unter www.sass-liskewitsch.de/news.
Wenn denn nun die Anhörung
an den (die) Betroffene(n) geht, sollte schon genau überlegt werden, ob Angaben in der Sache gemacht werden. Zum einen muss man dies nämlich nicht (schließlich muss der Betroffene keine Aussage in eigener Sache machen, denn ein Aussageverweigerungsrecht besteht natürlich). Zum anderen besteht aber die Gefahr, nachteilige Aussagen zu eigenen Lasten zu machen, wobei wir dann bei der Akteneinsicht schon mal feststellen mussten, dass der Betroffene z.B. dann gleich selber die „Steilvorlage“ in Richtung Vorsatz gegeben hat. Und bitte bedenken, der Regelfall einer Bußgeldandrohung geht immer von Fahrlässigkeit aus und selber sollte man es dann nicht noch „übler“ machen.
Wenn man wirklich den „Blitzer“ überprüfen möchte, sollte immer daran gedacht werden, dass es im Bußgeldverfahren auch um Taktik geht.
Eines sollten wir aber natürlich voranstellen…
aus dem Anhörungsbogen allein können wir verhältnismäßig wenige konkrete Anhaltspunkte für eine umfängliche Prüfung benennen.
Das Messverfahren an sich und seine theoretisch möglichen Schwachstellen lassen sich diesem entnehmen, ebenso die (häufig uns bekannte) Messörtlichkeit.
Auch die Frage der tatsächlich möglichen Identifizierung des Fahrers kann mitunter schon jetzt in den Fokus rücken.
Interessant ist auch die Überlegung,
ob der Tatvorwurf in seiner amtlichen Bezeichnung tatsächlich die Örtlichkeit korrekt und ausreichend bestimmt benennt. Eine Bezeichnung mit „auf der B 105 zwischen Mönchhagen und Rövershagen“ wäre z.B. nicht hinreichend bestimmt, weil sich der Messort hier kaum nachvollziehbar ausmachen lässt (da muss also schon mehr im amtlichen Vorwurf „kommen“).
Deutlich mehr bringt natürlich die Akteneinsicht, denn dann erfolgt der „Zugriff“ auf alle Messunterlagen und den gesamten Verwaltungsvorgang. Naja, „alle“ ist schon mal ein Problem.
Seit geraumer Zeit tobt der Streit (auch die Gerichte beteiligen sich hier aktuell rege), was denn alles zur Akte gehört.
Lebensakte ja oder nein? …
Nur die Messdatei für die Messung des Betroffenen oder doch die gesamte Mess-Serie des kompletten Tages (aktuell ein heißes und spannendes Thema, das die Gerichte landauf und landab stark beschäftigt)? Denn die Mess-Serie des Tattages (also alle Messungen des Tages) kann für einen Sachverständigen sehr interessant sein.
Die Akteneinsicht bringt dann in der Regel natürlich die grundsätzlichen Erkenntnisse, um wirklich etwas sagen zu können. Naja, wir wollen aber nicht so tun, als sei nun in allen Fällen etwas zu machen und zaubern können wir auch nicht. Doch auf der anderen Seite ist es aber schon so, dass sich in zahlreichen Fällen in der Gesamtheit zumindest Ansätze finden, um hier anzugreifen. Und was letztlich als “Erfolg” verbucht werden kann, kann doch sehr vielfältig sein (aber dazu kommen wir auch in den nächsten Tagen im zweiten Teil zu dieser Frage).
Also was sagt uns nun die Akte (im Ganzen) …
zum einen sind es eben menschliche Fehler der „Messbeamten“ oder auch technische Fehler, sozusagen die berühmten Messfehler.
Bei den ersten fallen immer mal wieder Fehler im Messprotokoll auf, so zum Teil falsche und unvollständige Angaben.
Auch die Aufstellung der Messanlage,
ob im oder außerhalb eines Fahrzeugs, kann zum Thema werden. Wenn zum Beispiel bei einem bestimmten Messverfahren die Parallelaufstellung aus einem Fahrzeug zu fordern ist, dann dürfte in den meisten Fällen die Angabe in einem Messprotokoll zum Abstand der Räder zum Fahrbahnrand falsch sein, wenn bei Vorder- und Hinterrad der gleiche Abstand angegeben ist. Die Radbreiten auf Vorderachse und Hinterachse sind aber in aller Regel unterschiedlich, also kann das Fahrzeug nie parallel stehen, wenn der gleiche Abstand vorn und hinten zum Fahrbahnrand angegeben ist.
Und dann noch die Messfehler an sich …
zu diesen werden wir in der Zukunft noch in dem ein oder anderen Beitrag ein wenig mehr sagen. Jedes Verfahren hat so seine spezifischen Tücken und seine Schwächen (leider auch Stärken) und diese sollte der Verteidiger kennen sowie ins Auge fassen. Fairerweise muss man aber sagen, dass wir selber nur einen Teil der Messfehler „sehen“ und bewerten können. Dieses ist uns als eben nicht Sachverständige an sich nur bei einigen Messverfahren möglich, in denen schon anhand der Messfotos eine an sich dann aber noch unvollständige Bewertung denkbar ist. Wer hier tiefer in die Messung einsteigen will und muss, der braucht eben einen Sachverständigen für Verkehrsmesstechnik. Wir beauftragen in Abstimmung mit dem Betroffenen in wirklich geeigneten Fällen mit guten Gewissen ein uns bestens bekanntes Sachverständigenbüro, welches uns das zutage fördert, was ansonsten verborgen bleibt. Auch hier gilt, dass natürlich nicht alle Messungen fehlerhaft sind, allerdings ist es für uns mitunter auch überraschend, was es alles für Fehler gibt (und sei es nur, dass die Überprüfung dazu reicht, das ein oder andere km/h noch „wegzubekommen“ und damit die Geldbuße oder auch die Punkte zu “drücken” (wenn man es so platt sagen darf).
Da wir wahrscheinlich hier und heute doch eine ganze Menge Stoff geliefert haben, wollen wir es auch nicht übertreiben.
Teil 2 gibt es dann in Kürze …
zu Messfehlern an sich, zu den “Punkten” nebst Tilgung, zum Fahrverbot, der Verjährung und noch ein bisschen mehr.